“Die letzten Europäer” im Jüdischen Museum München

Europäisches Tagebuch, 22.11.2022: Heute eröffnete die Ausstellung “Die letzten Europäer. Jüdische Perspektiven auf die Krisen einer Idee” im Jüdischen Museum München.

Bis zum 21. Mai 2023 wird hier eine erweiterte Fassung der Hohenemser Ausstellung gezeigt, mit zusätzlichen Themenstationen, Medieninszenierungen und einer großen Installation des Künstlers Arnold Dreyblatt, die extra für die Münchner Ausstellung entstanden ist.

Zur Eröffnung sprachen Katrin Habenschaden, Bürgermeisterin der Landeshauptstadt München, Hanno Loewy, Direktor des Jüdischen Museums Hohenems, Felicitas Heimann-Jelinek und Michaela Feurstein-Prasser, Kuratorinnen der Ausstellung, und Bernhard Purin, Direktor des Jüdischen Museums München.

Photo: Daniel Schvarcz

Felicitas Heimann-Jelinek und Michaela Feurstein-Prasser,
Photo: Daniel Schvarcz

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Photo: Eva Jünger

Arnold Dreyblatt, Photo: Daniel Schvarcz

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Die letzten Europäer, Photo: Daniel Schvarcz

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Photo: Daniel Schvarcz

Photo: Eva Jünger

Photo: Daniel Schvarcz

Arnold Dreyblatt: Letzte Europäer?

3 transparente Lentikulardrucke
Berlin 2022

Eine Installation für das Jüdische Museum München.
Mit Texten auf Deutsch, Englisch und Esperanto von: 
Agnes Heller, Ludwik Zamenhof, Bernard-Henri Lévy, André Glucksman, Daniel Cohn-Bendit und Jaques Derrida / Jürgen Habermas

Arnold Dreyblatt: Letzte Europäer?
Foto: Eva Jünger

Daniel Cohn-Bendit
Wir sind nach wie vor in einer Phase, den Nationalstaat zu überwinden. Wir haben im Grunde fünfhundert Jahre gebraucht, um den Nationalstaat und die sich mit ihm herausgebildeten kulturellen Identitäten mit all ihren Widersprüchen – Revolutionen, furchtbare historische Momente – zu bezwingen und in etwas Neues zu überführen. Vor diesem Hintergrund ist Europa ein einzigartiges Projekt.Die Frage ist nicht ob, sondern wie schnell wir die notwendige Übertragung von nationaler Souveränität auf europäischer Ebene vollziehen. Und wie wir das demokratisch ausgestalten.Zum ersten Mal wird vielen Menschen bewusst, dass es nicht nur ihren Nationalstaat gibt und die EU kein abstrakter Spielplatz in weiter Ferne ist. Die Leute merken, dass Europa ganz konkret unseren Alltag bestimmt. Zum ersten Mal haben wir eine europäische Öffentlichkeit. Das ist ein entscheidender Schritt zu einer europäischen Demokratie.
André Glucksmann
Die Krise der Europäischen Union ist ein Symptom ihrer Zivilisation. Sie definiert sich nicht über ihre Identität, sondern über ihr Anderssein. Eine Zivilisation basiert nicht notwendigerweise auf dem gemeinsamen Wunsch, das Beste zu erreichen, sondern vielmehr auf der Ausgrenzung und Tabuisierung des Bösen. Historisch betrachtet ist die Europäische Union eine Abwehrreaktion auf Horror.https://www.spiegel.de/international/europe/philosopher-andre-glucksmann-a-dark-vision-of-the-future-of-europe-a-851266.html
Jacques Derrida / Jürgen Habermas
Heute wissen wir, daß viele politische Traditionen, die im Scheine ihrer Naturwüchsigkeit Autorität heischen, „erfunden“ worden sind. Demgegenüber hätte eine europäische Identität, die im Licht der Öffentlichkeit geboren würde, etwas Konstruiertes von Anfang an. Aber nur ein aus Willkür Konstruiertes trüge den Makel der Beliebigkeit. Der politisch-ethische Wille, der sich in der Hermeneutik von Selbstverständigungsprozessen zur Geltung bringt, ist nicht Willkür. Die Unterscheidung zwischen dem Erbe, das wir antreten, und dem, welches wir zurückweisen wollen, verlangt ebensoviel Umsicht wie die Entscheidung über die Lesart, in der wir es uns aneignen. Historische Erfahrungen kandidieren nur für eine bewußte Aneignung, ohne die sie eine identitätsbildende Kraft nicht erlangen.Das heutige Europa ist durch die Erfahrungen der totalitären Regime des zwanzigsten Jahrhunderts und durch den Holocaust – die Verfolgung und Vernichtung der europäischen Juden, in die das NS-Regime auch die Gesellschaften der eroberten Länder verstrickt hat – gezeichnet. Die selbstkritischen Auseinandersetzungen über diese Vergangenheit haben die moralischen Grundlagen der Politik in Erinnerung gerufen. Eine erhöhte Sensibilität für Verletzungen der persönlichen und der körperlichen Integrität spiegelt sich unter anderem darin, daß Europarat und EU den Verzicht auf die Todesstrafe zur Beitrittsbedingung erhoben haben.Jacques Derrida und Jürgen Habermas, “Nach dem Krieg: Die Wiedergeburt Europas”, FAZ, 31. Mai 2003 (Auszüge)

Ludwik Zamenhof

Patriotismus oder Dienst am Vaterland nenne ich nur den Dienst am Wohl all meiner Lands­leute, gleich welcher Herkunft, Sprache oder Religion; den Dienst insbesondere an den nicht­jüdischen Interessen, der Sprache oder der Religion jener Bevölkerung, die im Lande die Mehrheit darstellt, darf ich niemals Patriotismus nennen. In Übereinstimmung mit dem Grund­satz, dass Staatsbürger, selbst wenn sie eine große Mehrheit im Land darstellen, kein moralisches Recht haben, anderen Staatsbürgern ihre Sprache oder Religion aufzuzwingen, muss ich mich dafür einsetzen, dass in meinem Land jedes Volk das Recht hat, für seine Angehörigen Schulen und andere Institutionen mit ihrer Sprache und ihrer Religion zu gründen, wenn sie das wünschen, dass aber in allen öffentlichen Institutionen, die nicht ausschließlich für ein Volk bestimmt sind, nur eine neutral-menschliche Sprache und neutral-menschliche oder staatliche Feste herrschen sollen. Solange das nicht möglich ist, muss ich mich dafür einsetzen, dass es in meinem Land Schulen und andere Einrichtungen mit einer neutralen menschlichen Sprache für diejenigen Untertanen gibt, die keine Einrichtungen mit dieser oder jener Volkssprache verwenden wollen oder können; und von allem gegenseitigen Ringen von Sprachen oder Religionen um die Vorherrschaft muss ich mich fernhalten, denn es ist nur ein Kampf zwischen einem Unrecht und einem anderen.

Ich bin mir bewusst, dass in den Ländern, in denen die Bevölkerung mehr oder weniger ethnisch homogen ist, sie noch lange Zeit die Ungerechtigkeit nicht verstehen wird, die in der Herrschaft einer Sprache oder Religion über die anderen liegt, und dass sie mit allen Mitteln gegen eine Gleichberechtigung aller Sprachen und Religionen ankämpfen wird, und sie wird jene, die für die Gleichberechtigung eintreten, verfolgen und mit Dreck bewerfen. Aber ich werde mich niemals von dieser Verfolgung verwirren lassen und mich daran er­innern, dass ich für absolute Wahrheit und Gerechtigkeit kämpfe, dass kein Volk wissen kann, was ihm morgen widerfahren wird, dass die Gleichberechtigung aller Sprachen und Religionen die Ursache aller Kriege und Konflikte zwischen den Völkern beseitigen wird, dass jede Aktion gegen den Grundsatz „das Reich für die Bürger“ und Gewalt unter Bürgern immer Gewalt bleibt, auch wenn sie von einer überwältigenden Mehrheit gegen eine marginale Minderheit begangen wird, und dass dauerhaftes Glück für die Menschheit nur unter der Bedingung gleicher und absoluter Gerechtigkeit für alle Völker und Länder möglich ist, unabhängig von Ort und Zeit und Stärke, und wenn es in jedem Reich nur Menschen, nur Bürger ohne Rücksicht auf deren ethnische Zugehörigkeit geben wird.

Als meine Nation bezeichne ich die Gesamtheit aller Menschen, die in meiner Heimat leben, gleich welcher Herkunft, Sprache oder Religion; aber zu meiner Nationalität muss ich stets das Wort „Mensch“ hinzufügen, um zu zeigen, dass ich mich nicht in einem chauvinistischen Sinne zu meiner Nation zähle. Die Menge aller Menschen, die die gleiche Herkunft wie ich haben, nenne ich mein Volk. Ich darf meine Nation nicht mit dem Namen irgendeines Volkes benennen, ich muss sie immer – zumindest im Gespräch mit Gleichgesinnten – mit dem neutral-geographischen Namen meines Reiches oder Landes nennen. Wenn mein Gesprächs­partner nicht nur wissen will, welcher politisch-geografischen, sondern auch welcher ethni­schen Gruppe ich angehöre, dann bezeichne ich ihm mein Volk, meine Sprache, meine Re­ligion u.s.w. gesondert. Beispiele: Schweizer Mensch, Petersburger Mensch, Warschauer Mensch.

Ludwik Zamenhof, Hillelismus, 1901

Ágnes Heller
Der Sieg des Nationalismus kam 1914 – gegen den Internationalismus der Arbeiterklasse und den Kosmopolitismus der Bourgeoisie. Die Erbsünde Europas war das hässliche Kind des Nationalismus. Alle früheren Reiche begannen, sich zu Nationalstaaten aufzulösen. Dieser Trend hält bis heute an.

Der ausschließende Charakter von Nationalstaaten lässt sich am besten anhand der Geschichte der europäischen Juden im 19. und 20. Jahrhundert und der Geschichte der beiden Weltkriege zeigen. Der moderne Antisemitismus (im Gegensatz zum früheren Antijudaismus) ist ein Produkt der Nationalstaaten. Die Transformation des Nationalismus in Rassismus war kein Zufall, denn ethnischer Nationalismus trägt den Aspekt des Rassismus in sich.

Nach den Verwüstungen des Zweiten Weltkriegs zogen einige europäische Staaten die Konsequenzen aus der dunklen Seite der Nationalstaatlichkeit und gründeten die Europäische Union. Die Bedeutung dieses großen Entwurfs sollte man nicht kleinreden. Die Mitgliedstaaten sind verpflichtet, niemals einen Krieg untereinander auch nur auszulösen. Dennoch hat ein europäisches Identitätsgefühl bis heute nicht dieselbe Kraft oder Bedeutung wie die nationalen Identitäten der Mitgliedstaaten.

Die Europäische Union gründete sich auf der Entscheidung für bestimmte Werte. Doch sogar unter den ausgewählten Werten gibt es Widersprüche. Zuallererst, weil die Union eine Union von Nationalstaaten ist. Als Union muss sie den Wert der Solidarität bevorzugen, doch als Union von Nationalstaaten muss sie wegen der Werte der Nation nationale Interessen unterstützen, daher wird Nationalismus meist stärker sein als Solidarität.

Ágnes Heller, Paradox Europa, Wien 2019

“Libération” / Bernard-Henri Lévy
„Genug vom ‘Aufbau Europas‘!“, lautet der Ruf. Verbinden wir uns stattdessen wieder mit unserer „nationalen Seele“! Lasst uns unsere „verlorene Identität“ wiederentdecken! Das ist die Agenda der populistischen Kräfte, die den Kontinent überschwemmen. Dabei spielt es keine Rolle, dass abstrakte Begriffe wie „Seele“ und „Identität“ oft nur in der Einbildung der Demagogen existieren.

Europa wird von falschen Propheten angegriffen, die trunken sind vor Ressentiments und im Delirium angesichts der Möglichkeit, ins Rampenlicht zu gelangen.

Europa als Idee zerfällt vor unseren Augen.

Für diejenigen, die noch an das Erbe von Erasmus, Dante, Goethe und Comenius glauben, wird es nur eine schmachvolle Niederlage geben. Eine Politik der Geringschätzung von Intelligenz und Kultur wird triumphiert haben. Es wird Explosionen der Fremdenfeindlichkeit und des Antisemitismus geben. Eine Katastrophe wird über uns hereingebrochen sein.

Unser Glaube liegt in der großartigen Idee, die wir geerbt haben und von der wir glauben, dass sie die die einzige Kraft war, um die Völker Europas über sich selbst und ihre kriegerische Vergangenheit zu erheben. Wir meinen, dass sie auch heute noch die einzige Kraft ist, tugendhaft genug, um die neuen Anzeichen des Totalitarismus abzuwehren, die das alte Elend der dunklen Zeitalter nach sich ziehen. Was auf dem Spiel steht, verbietet uns aufzugeben. Unsere Generation hat es falsch verstanden. Wie die Anhänger Garibaldis im 19. Jahrhundert, die wie ein Mantra „Italia se farà da sè“ (Italien wird sich selbst erschaffen) wiederholten, haben wir geglaubt, dass der Kontinent von selbst zusammenkommen würde, ohne dass wir dafür kämpfen oder arbeiten müssten. Das, so sagten wir uns, sei die „Richtung der Geschichte“. Wir müssen mit dieser alten Überzeugung endgültig brechen. Wir haben keine Wahl. Wir müssen jetzt für die europäische Idee kämpfen oder sie in den Wogen des Populismus versinken sehen.

Copyright: “Libération” / Bernard-Henri Lévy (unterzeichnet von: Milan Kundera, Salman Rushdie, Elfriede Jelinek et. al., 25.01.2019

Foto: Daniel Schvarcz

Esperanto:

Daniel Cohn-Bendit
Ni daŭre estas en fazo de lukto por superi la nacian ŝtaton. Fakte ni bezonis kvincent jarojn por venki la nacian ŝtaton kaj la kune kun ĝi disvolviĝintajn kulturajn identecojn kun ĉiuj ties kontraŭdiroj – revolucioj, teruraj historiaj momentoj – kaj transformi ilin en ion novan. Antaŭ tiu fono Eŭropo estas unika projekto.

La demando ne estas ĉu, sed kiom rapide ni efektivigos la necesan transiron de nacia suvereneco sur la Eŭropan nivelon. Kaj kiel ni aranĝu tion demokratie.

Por la unua fojo multaj homoj konsciiĝas, ke ne nur ekzistas ilia nacia ŝtato kaj la EU ne estas abstrakta ludejo en fora malproksimeco. Oni rimarkas, ke Eŭropo tre konkrete difinas nian ĉiutagan vivon. Unuafoje ni havas eŭropan publikecon. Tio estas decida paŝo al eŭropa demokratio.

André Glucksmann
La krizo de la Eŭropa Unio estas simptomo de ĝia civilizacio. Ĝi ne difinas sin per sia identeco, sed, multe pli, per sia alieco. Civilizacio ne devige baziĝas sur komuna deziro akiri la plej bonan, sed, multe pli, sur la volo ekskludi kaj tabui la malbonon. En historiaj terminoj, la Eŭropa Unio estas defenda reago al hororo.

Jacques Derrida / Jürgen Habermas
Hodiaŭ ni scias, ke multaj politikaj tradicioj, kiuj en sia ŝajno de natura deveno postulas aŭtoritaton, estas „inventitaj“. Male eŭropa identeco, naskita antaŭ ĉies okuloj, dekomence surhavus ion konstruitan. Sed nur io arbitre konstruita portus la makulon de ajneco. La politik-etika volo, kiu montras sin en la hermeneŭtiko de procezoj de memkomprenigo, ne estas arbitro. La diferencigo inter la heredaĵo, kiun ni akceptas, kaj tiu, kiun ni volas refuti, postulas samkvantan diligenton kiel la decido pri la interpretado, per kiu ni alpropriigas ĝin. Historiaj spertoj kandidatas nur por konscia alpropriigo, sen kiu ili ne atingas identec-formigan forton.

La nuntempan Eŭropon karakterizas la spertoj de la totalismaj reĝimoj de la dudeka jarcento kaj de la Holokaŭsto – la persekutado kaj pereigo de la eŭropaj judoj, en kiun la NS-reĝimo implikis ankaŭ la societojn de la konkeritaj ŝtatoj. La memkritikaj konfrontiĝoj al tiu pasinto rememorigis la moralajn fundamentojn de politiko. Kreskinta sentemo pri lezoj de persona kaj korpa integrecoj inter alie speguliĝas en tio, ke Eŭropa Konsilo kaj EU rangigis la rezignon pri mortopuno je membriga kondiĉo.

Ludwik Zamenhof
Patriotismo aŭ servo al la patrujo mi nomas nur la servadon al la bono de ĉiuj miaj samregnanoj, de kia ajn deveno, lingvo aŭ religio ili estas; la servadon speciale al la gentaj interesoj, lingvo aŭ religio de tiu loĝantaro, kiu en la lando prezentas la plimulton, mi neniam devas nomi patriotismo. Konforme al la principo, ke unuj regnanoj, eĉ se ili prezentas en la lando grandegan plimulton, ne havas moralan rajton altrudi sian lingvon aŭ religion al aliaj regnanoj, mi devas penadi, ke en mia lando ĉiu gento havu la rajton fondi por siaj membroj lernejojn kaj aliajn instituciojn kun sia lingvo kaj sia religio, se ili tion ĉi deziras, sed ke en ĉiuj publikaj institucioj, ne destinitaj sole por unu gento, regu nur lingvo neŭtrale-homa kaj festoj neŭtrale-homaj aŭ regnaj. Tiel longe, kiel la atingo de tio ĉi estos ne ebla, mi devas penadi, ke en mia lando ekzistu lernejoj kaj aliaj institucioj kun lingvo neŭtrale-homa por tiuj regnanoj, kiuj ne volas aŭ ne povas uzi instituciojn kun tiu aŭ alia genta lingvo, kaj de ĉia reciproka batalado de lingvoj aŭ religioj pro regado mi devas teni min flanke, ĉar ĝi estas nur batalado inter unu maljustaĵo kaj alia.

Mi konscias, ke en tiuj landoj, kie la loĝantaro estas pli-malpli unugenta, ĝi longan tempon ne komprenos la maljustecon de regado de unu lingvo aŭ religio super la aliaj kaj ĝi per ĉiuj fortoj batalados kontraŭ la egalrajtigo de ĉiuj lingvoj kaj religioj, kaj la defendantojn de tiu ĉi egalrajtigo ĝi persekutados kaj superĵetados per koto. Sed mi neniam konfuziĝos per tiu ĉi persekutado, memorante, ke mi batalas por absoluta vero kaj justeco, ke nenia popolo povas scii, kio fariĝos kun ĝi morgaŭ, ke la egalrajtigo de ĉiuj lingvoj kaj religioj forigos la kaŭzon de ĉiuj militoj kaj malpacoj inter la popoloj, ke ĉia ago kontraŭ la devizo „la regno por la regnanoj“ kaj ĉia perfortaĵo de unuj regnanoj kontraŭ aliaj restas ĉiam perfortaĵo, eĉ se ĝi estas farata de grandega plimulto kontraŭ malgrandega malplimulto, kaj ke fortika feliĉo de la homaro estas ebla nur tiam, kiam por ĉiuj popoloj kaj landoj ekzistos justeco egala kaj absoluta, dependanta nek de loko, nek de tempo, nek de forto, kaj kiam en ĉiu regno ekzistos nur homoj kaj regnanoj kaj ne gentoj.

Mia nacio mi nomas la tutecon de ĉiuj homoj, kiuj loĝas mian patrujon, de kia ajn deveno, lingvo aŭ religio ili estas; sed al mia nacia nomo mi devas ĉiam aldoni la vorton „Homarano“, por montri, ke mi alkalkulas min al mia nacio ne en senco ŝovinista. La aron de ĉiuj honoj, kiu havas saman devenon kiel mi, mi nomas mia gento. Mian nacion mi ne devas nomi per la nomo de ia gento, mi devas ĉiam nomi ĝin – almenaŭ en parolado kun homaranoj – per la neŭtrale-geografia nomo de mia regno aŭ lando. Se mia interparolanto deziras scii ne sole al kiu politike-geografia, sed ankaŭ al kiu etnografia grupo mi apartenas, tiam mi aparte nomas al li mian genton, lingvon, religion k.t.p. Ekzemploj: Sviso-Homarano, Peterburgia Homarano, Varsovilanda Homarano.

„Libération” / Bernard-Henri Lévy
„Sufiĉe de ‘konstrui Eŭropon’!“ estas la krio. Anstataŭe ni rekonektiĝu kun nia „nacia animo“! Ni remalkovru nian „perditan identecon“! Jen la komuna agendo de la popolismaj fortoj, kiuj inundas la kontinenton. Ne gravas, ke abstraktaĵoj kiel „animo“ kaj „identeco“ ofte ekzistas nur en la imago de demagogoj.

Eŭropo estas atakata de falsaj profetoj, kiuj estas ebriaj pro rankoro, kaj deliras pro sia ŝanco okupi la spotlumon.

Eŭropo kiel ideo disfalas antaŭ niaj okuloj.

Por tiuj, kiuj ankoraŭ kredas je la heredaĵo de Erasmus, Dante, Goethe kaj Komenio, estos nur hontiga malvenko. Politiko de malestimo kontraŭ intelekto kaj kulturo estos triumfinta. Estos eksplodoj de ksenofobio kaj antisemitismo. Katastrofo estos trafinta nin.

Nia fido estas en la grandioza ideo, kiun ni heredis, kiun ni kredas la sola forto sufiĉe potenca por levi la popolojn de Eŭropo super ili mem kaj super ilia militema pasinteco. Ni kredas, ke ĝi restas la sola forto aktuale sufiĉe virta por kontraŭstari al la novaj signoj de totalismo, kiuj kuntrenas en sia kil-ondo la malnovajn mizerojn de la mallumaj epokoj. Tio, kion ni riskas, malpermesas al ni rezigni. Nia generacio eraris. Kiel la adeptoj de Garibaldi en la 19-a jarcento, kiuj mantre ripetis „Italia se farà da sè” (Italio faros sin mem), ni kredis, ke la kontinento kuniĝos memstare, sen nia bezono batali por ĝi, aŭ labori por ĝi. Jen, ni diris al ni mem, „la direkto de la historio“. Ni devas fari klaran rompon kun tiu malnova konvinko. Ni ne havas alternativon. Ni devas nun batali por la ideo de Eŭropo aŭ vidi ĝin perei sub la ondoj de popolismo.

Ökologie und Krise

1871 wurde der Begriff Naturschutz erstmals in Deutschland verwendet, im selben Jahr wurde einer der Pioniere des deutschen Naturschutzes geboren: Benno Wolf. Ab 1912 zunächst als Richter in Berlin tätig, arbeitete er anfangs ehrenamtlich, ab 1915 hauptamtlich für die Staatliche Stelle für Naturdenkmalpflege in Preußen. Wolfs Entwürfe für ein Naturschutzgesetz waren wegweisend, so etwa der für das Feld- und Forstordnungsgesetz von 1920, das zum ersten Mal die Möglichkeit schuf, Naturschutzgebiete auszuweisen. Seine zweite Leidenschaft galt der Beforschung von Höhlen. Die Nazis definierten Naturschutz als Volks- und Heimatschutz, an dem Nicht-„Volksgenossen“ keinen Anteil haben könnten. Wolf musste mit der nationalsozialistischen Machtergreifung 1933 aufgrund seiner jüdischen Wurzeln seine Ämter aufgeben. Seine Vorarbeiten fanden anonymisiert in die Formulierung des Reichsnaturschutzgesetzes von 1935 Eingang. Sein für die unterirdische Rüstungsindustrie wichtiges Höhlenarchiv wurde vom SS Ahnenerbe beschlagnahmt. Wolf selbst wurde 1942 ins Getto Theresienstadt deportiert, wo er an den Folgen der unmenschlichen Haftbedingungen starb. Bis zur Anerkennung seiner Leistungen im Bereich des Naturschutzes und der Höhlenforschung sollten Jahrzehnte vergehen.

Benno Wolf, ca. 1930, Foto: Franz Mühlhofer © Verband der deutschen Höhlen- und Karstforscher

< Benno Wolf, Das Recht der Naturdenkmalpflege in Deutschland, Berlin 1920

> Karte des Green Belt und Europakarte mit dem „Eisernen Vorhang“, Collage: Atelier Stecher, Götzis; © European Green Belt bzw. Michael Cramer

Die nationalsozialistische Blut-und-Boden-Ideologie im Naturschutz wurde nach 1945 weitertradiert. Nur wenig verbrämt lebt sie in manchen neuen Umweltbewegungen weiter. Doch nicht nur der wieder aktuell gewordene Okkultismus, sondern auch neuer Nationalismus und Militarisierung sind eine Bedrohung für Umwelt- und Naturschutz. In den 1970er-Jahren wurde im Niemandsland des Eisernen Vorhangs eine wachsende Artenvielfalt beobachtet. Aus dem Todesstreifen zwischen Ost und West wurde ein wichtiger ökologischer Lebensraum. So trafen sich bereits am 9. Dezember 1989 Natur- und Umweltschützer an der bayerisch-tschechoslowakischen Grenze und forderten den Schutz des „Grünes Bandes“. 2002 schlossen sich alle Anrainerstaaten des ehemaligen Eisernen Vorhangs an. Als weltweit längster Biotopverbund erstreckt sich der „Green Belt“ über eine Länge von 12.500 km entlang 24 europäischer Staaten, davon 16 EU-Mitglieder, vom norwegischen Eismeer bis zum Schwarzen Meer. Doch seit Beginn des Ukraine-Kriegs droht die lange Grenze zwischen Finnland und Russland wieder zum militärischen Aufmarschgebiet zu werden. Europa trägt Verantwortung dafür, dass Ökologie und soziale Gerechtigkeit für alle, Demokratie, Menschenrechte und Frieden nicht gegeneinander ausgespielt werden können.

Ariel Brunner, im Gespräch mit Felicitas Heimann-Jelinek, über “Die Verantwortung der EU angesichts der ökologischen Krise”, Hohenems, 5. Oktober 2020

Die Gültigkeit der Sozialen Frage

Industrialisierung und Kapitalismus zeitigten im 19. Jh. einen tiefgreifenden Wandel in den europäischen Gesellschaften, nicht aber in den Herrschaftsformen. Seit der Revolution von 1830 waren Arbeiter die Vorhut auf den Barrikaden. Aber nur das Großbürgertum profitierte von ihrem Kampf. Das Proletariat begann sich als soziale Klasse zu begreifen. Auf Initiative von Männern wie Ferdinand Lassalle und Karl Marx formierten sich Arbeitervereine und -parteien. Ausbeutung, krankmachende Arbeits- und Wohnbedingungen sowie hohe Kindersterblichkeit motivierten viele Jüdinnen und Juden wie Leo Trotzki, Eduard Bernstein, Rosa Luxemburg, Roosje Vos, Hilda Monte oder Mire Gola, sich in den sozialdemokratischen und kommunistischen Parteien zu engagieren. So auch der bulgarisch-griechische Journalist und Streikführer Avraham Benaroya (1886–1979). In Thessaloniki spielte er eine führende Rolle bei der Gründung der hauptsächlich jüdischen Sozialistischen Arbeiterföderation, auf Ladino „Federacion“, in welcher Juden, Bulgaren, Griechen und Türken vertreten waren. Im Wechselspiel der neueren griechischen Geschichte konnten seine Leistungen für den Kampf um den Sozialstaat erst spät anerkannt werden.

Avraham Benaroya, o. J. © E. Benaroya, www.avraambenaroya.com

Makedonia, 12. Mai 1936. Fotos der blutigen Niederschlagung der Arbeiterstreiks im Mai 1936 © Digital Archive Parliament Athens

> Mitarbeiter des griechischen Gesundheitswesens protestieren gegen finanzielle Kürzungen, 2015 © Yannis Kolesidis /EPA/picturedesk.com

2010 musste Griechenland die EU um Hilfe bitten, um den finanziellen Kollaps abzuwenden. Die Troika, eine Kooperation aus Europäischer Zentralbank, Internationalem Währungsfonds und Europäischer Kommission gewährte diese Hilfe unter Auflagen, die radikalen Sozialabbau mit sich brachten: Das Lohnniveau in Griechenland ist heute niedriger als 2010, die Pensionen betragen weniger als die Hälfte von damals und die Budgets der Krankenhäuser wurden um mehr als 40 Prozent gekürzt. In den meisten EU-Ländern zeigten sich –insbesondere während der Corona-Krise – die Stärken des Sozialstaates; in Griechenland aber zog die Demontage des Gesundheitswesens den Einsatz und die Aufrüstung polizeilicher Gewalt nach sich. Der Abbau der medizinischen Versorgung ist auch noch zu keinem Ende gekommen, denn weitere wirtschaftsliberale Reformmaßnahmen und Privatisierungen sollen umgesetzt werden. Ihnen fiel etwa die Sozialklinik Helliniki zum Opfer, in der nicht nur Asylwerber*innen, sondern vor allem auch mittellose griechische Staatsbürger*innen. versorgt wurden. Die Begehrlichkeiten einer Immobilien Holding hatten mehr Gewicht.

Daniel Cohn-Bendit, im Gespräch mit Hanno Loewy, über “Eine europäische Sozialunion? Aus Griechenland lernen?”,
8. Oktober 2022

Die letzten Europäer – in Wien

Europäisches Tagebuch, 20.1.2022: Ausstellungseröffnung im Wiener Volkskundemuseum. Unsere Ausstellung “Die letzten Europäer. Jüdische Perspektiven auf die Krisen einer Idee” begibt sich auf Wanderschaft. Erste Station ist das Volkskundemuseum in Wien.
Pandemiebedingt findet die Eröffnung als Soft Opening statt. Die Reden werden verschoben… Aber im wunderbaren, experimentierfreudigen Museum ist die Ausstellung nun bis Montag, den 18. April 2022 zu sehen. Wieder eingerichtet von Martin Kohlbauer.

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Die letzten Europäer – im Wiener Volkskundemuseum. Foto: kollektiv fischka/kramar

Die letzten Europäer im Wiener Volkskundemuseum. Foto: kollektiv fischka/kramar

Die letzten Europäer im Wiener Volkskundemuseum. Foto: kollektiv fischka/kramar

Die letzten Europäer im Wiener Volkskundemuseum. Foto: kollektiv fischka/kramar

Die letzten Europäer im Wiener Volkskundemuseum. Foto: kollektiv fischka/kramar

Die letzten Europäer im Wiener Volkskundemuseum. Foto: kollektiv fischka/kramar

Die letzten Europäer im Wiener Volkskundemuseum. Foto: kollektiv fischka/kramar

Die letzten Europäer im Wiener Volkskundemuseum. Foto: kollektiv fischka/kramar

Der Zähler

Europäisches Tagebuch, 4.10.2021: Gestern ging unsere Ausstellung “Die letzten Europäer” in Hohenems zu Ende.
Die elektronische “Uhr” im Prolog zählte in den letzten Minuten des Ausstellungsjahres die letzten Toten der europäischen Gewaltgeschichte des 20. Jahrhunderts auf Null herunter.
Am 20. Januar öffnet die Ausstellung wieder – dann im Volkskundemuseum in Wien!

die letzten 98

 

Unsere Europakarte – Ende September

Europäisches Tagebuch, 28.9.2021: Nur noch wenige Tage ist unsere Ausstellung “Die letzten Europäer” in Hohenems zu sehen: bis zum 3. Oktober. Aber im Januar 2022  wandert sie weiter ins Volkskundemuseum in Wien. Stay tuned.

Weltkarte, Ende September 2021

Europkarte, Ende September 2021

Weltkarte, Ende September 2021

Europakarte, Ende September 2021

Weltkarte, Ende September 2021

Weltkarte, Ende September 2021

Unsere Europakarte – Die Diskussion geht weiter

Europäisches Tagebuch, 25.8.2021: Auf unserer Europakarte in der Ausstellung “Die letzten Europäer” geht die Diskussion zwischen unseren Besucher*innen munter weiter. Hier gibt es einige neue Impressionen.

Neue Kommentare auf unserer Europakarte Ende August 2021

Viele Antworten auf viele europäische Fragen – und manche neue Frage

Europäisches Tagebuch, 17.2.2021: Seit einer Woche ist das Jüdische Museum Hohenems wieder geöffnet. Zeit dafür zu dokumentieren, welche Spuren und Kommentare unsere Besucher*innen bisher in unserer Ausstellung Die letzten Europäer hinterlassen haben. Dafür haben wir auf zwei großen Landkarten unter den Fragen: “Welche Staaten sollten in Zukunft zur Europäischen Union gehören?” und “Was ist für Dich/Sie Europa?” Platz geschaffen.
Hier ist der Ort für ihre Antworten und Reaktionen auf viele europäische Fragen und natürlich auch für neue Fragen. Jetzt sind die Landkarten voll und wir machen nun Platz für neue Antworten und Fragen – und das Spiel beginnt von vorne.

Hier einige Blicke auf die von Besucher*innen bearbeiteten Landkarten in unserer Ausstellung: “Die letzten Europäer”.

Ein Gespräch über die “letzten Europäer”

Das Jahr 2020 geht zu Ende. Trotz aller Widrigkeiten haben wir am 4. Oktober unsere Ausstellung “Die letzten Europäer” eröffnen können. Und werden sie hoffentlich im Januar wieder für das Publikum aufsperren können. Am 22. Oktober hat Helene Maimann auf Österreich 1 in der Sendung “Im Gespräch” 50 Minuten mit Hanno Loewy über die “letzten Europäer” gesprochen. Hier der link (siehe rechte Spalte) zur Aufzeichnung dieser Sendung – als kleines Geschenk zum Jahreswechsel.
Danke an die Kurator*innen der Ausstellung Felicitas Heimann-Jelinek, Michaela Feurstein-Prasser und Hannes Sulzenbacher für die spannende Zusammenarbeit an diesem Projekt.

Aktuelle Ausstellung

Die Eröffnung

Europäisches Tagebuch, 4.10.2020:
Unsere Ausstellung Die letzten Europäer. Jüdische Perspektiven auf die Krisen einer Idee | Die Familie Brunner. Ein Nachlass hat begonnen. Unter Corona-Bedingungen eine ungewohnte Eröffnung vor kleinem Publikum – mit gebührendem Abstand und Platzbeschränkung, wie es die Situation erfordert. Alles ist eben etwas anders im Moment.
Dafür nahmen viele Gäste am Livestream teil und nun sind die Eröffnungsreden von Bürgermeister Dieter Egger, Landesstatthalterin Barbara Schöbi-Fink, Aleida Assmann, Ariel Brunner, Hannes Sulzenbacher und Felicitas Heimann-Jelinek – wie auch der Film von Ronny Kokert über Moria im Februar 2020 – auf unserem youtube-Kanal zu sehen. Hineinschauen und Hineinhören lohnt sich, viel überraschendes ist da zu entdecken. Wir freuen uns auf anregende Diskussionen in unserem Haus.

 

Hier einige Impressionen vom ersten Tag, eingefangen von Dietmar Walser.

Foto: Dietmar Walser

Foto: Dietmar Walser

Die Familie Brunner. Ein Nachlass

Foto: Dietmar Walser

Vor vier Jahren erhielt das Jüdische Museum eine umfangreiche Dauerleihgabe: den Nachlass von Carlo Alberto Brunner. Gemälde, Briefe und Dokumente, Fotos, Memorabilia und Alltagsgegenstände der Hohenemser Familie Brunner ermöglichen den kritischen Blick auf ein europäisches Jahrhundert. Und sie eröffnen das Panorama einer europäisch-jüdischen Familie, die sich in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts von Hohenems nach Triest aufmachte, um zu der rasanten Entwicklung der habsburgischen Mittelmeermetropole beizutragen. 
Von dort wanderten Mitglieder der Familie weiter nach Wien und in die Schweiz, nach England, Deutschland, und in die USA. Ihr steiler sozialer und kultureller Aufstieg endete in der Katastrophe Europas, in der Verwüstung eines Kontinents in gegenseitigem Hass und in den Verheerungen zweier Weltkriege, die Teile der Familie in alle Welt zerstreute.

Prolog: Europäische Gewaltgeschichte des 20. Jahrhunderts

Foto: Daniel Schvarcz

Foto: Eva Jünger

125 300 000 Menschen zählt unsere Auflistung der Toten europäischer Gewalt des 20. Jahrhunderts. Vollständig ist sie nicht.

Bis zum Ende der Ausstellung „Die letzten Europäer“ am 21. Mai 2023 werden sie von der Anzeige verschwunden sein.

1888–1908: Den von der belgischen Kolonialmacht begangenen Kongo-Gräueln fallen ca. zehn Millionen Kongolesen zum Opfer.

1900: Im Zweiten Burenkrieg kommen 22 000 Briten und 32  500 Buren um.

1900: Der Russisch-Chinesische Krieg fordert 112 000 Menschenleben.

1903/04:  Während des Britischen Tibet-Feldzugs werden über 600 Tibeter getötet.

1903–1906: In verschiedenen russischen Städten werden während Pogromen 4 245 Juden von Russen, Ruthenen, Griechen oder Kosaken umgebracht.

1904/05:  Der Russisch-Japanische Krieg endet mit 90 000 Toten auf russischer und 75 000 Toten auf japanischer Seite.

1904–1908: Dem Völkermord der „deutschen Schutztruppe“ in Deutsch-Südwestafrika fallen etwa 70  000 Angehörige der Herero und Nama zum Opfer. 

1906: Niederländer töten 1 000 Balinesen im heute indonesischen Badung.

1906–1911: Während des Wadai Kriegs im heutigen Tschad und Westsudan kommen 4 000 Franzosen und 8 000 Wadai um.

1908: Auf Bali töten Niederländer 194 Balinesen.

1909: Der zweite Rifkrieg in Marokko fordert 2 517 spanische und eine unbekannte Zahl kabylische Opfer.

1911/12: Während des Italienisch–Türkischen Krieges kommen 1 432 Italiener und 14 000 Araber und Berber auf dem Gebiet des heutigen Libyen um. 

1911/12: Im Osttimur-Krieg werden 289 Portugiesen und 3 424 Timuresen getötet.

1912/13: Die Balkankriege fordern 71 000 serbische, 11 200 montenegrinische, 156  000 bulgarische, 48  000 griechische und 100 000 türkische Leben.

1914–1918: Während des Ersten Weltkriegs kommen ca. 20 Millionen Menschen aller kriegführenden Nationalitäten in Europa um. 

1914–1921/23: Während des Zayyan-Kriegs sterben 782 Franzosen und 3 600 Marokkaner.

1915: Dem Völkermord der Türken an den Armeniern fallen mehr als eine Million Menschen zum Opfer. 

1917–1923: Der russische Bürgerkrieg endet mit sieben Millionen Toten.

1918–1920: Der lettische Unabhängigkeitskrieg fordert 17 000 Opfer.

1919: Kosaken ermorden 1 700 Juden in Proskurov in der heutigen Ukraine.

1919: Im Dritten Anglo-Afghanischen Krieg kommen 236 Engländer und 1 000 Afghanen um.

1919: Im indischen Amritsar erschießen britische Soldaten mindestens 379 Sikhs, Muslime und Hindus.

1919/20: Im Ungarisch-Rumänischen Krieg fallen 3 670 Ungarn und 3 000 Rumänen.

1919–1921: Der Irische Unabhängigkeitskrieg fordert 714 Menschenleben.

1920: Im Polnisch-Litauischen Krieg sterben 454 Litauer.

1920: Während des Türkisch-Armenischen Krieges kommen
198  000 Armeniern eine unbekannte Zahl Türken ums Leben.

1920/21: Der Polnisch-Russische Krieg fordert das Leben von 431 000 Russen, 202  000 Polen und 6 0 000 jüdischen Zivilisten.

1921–23: Im Griechisch-Türkischen Krieg fallen 9 167 Türken und 19 362 Griechen.

1921–1926: Der Zweite Marokkanische Krieg endet mit 63  000 spanischen, 18  500 französischen und 3 0 000 Opfern unter den Rifkabylen. 

1922/23: Der Irische Bürgerkrieg fordert ca. 2 000 Opfer.

1932-33: Als Mittel der Repression verschärfte Hungersnöte in der Ukraine und anderen Gebieten der Sowjetunion fordern mehr als 3.000.000 Menschenleben.
 

Februar 1934: Im Österreichischen Bürgerkrieg sterben 357 Menschen.

1935–1941: Der italienische Krieg gegen das heutige Äthiopien fordert zwischen 350 000 und 760 000 abessinische Opfer.

1936–1939: Im Spanischen Bürgerkrieg sterben Tausende Interbrigadisten und mehr als 400  000 Spanier. 

1936–49: Dem Aufstand gegen die britische Mandatsmacht, dem arabisch-jüdischen Bürgerkrieg in Palästina bis Mai 1948 und dem darauffolgenden arabisch-israelischen Krieg bis 1949 fallen 165 Briten, 6 000 jüdische Palästinenser und Israelis, 9 000 arabische Palästinenser und 5 000 arabische alliierte Soldaten zum Opfer. 

1939: Im Slowakisch-Ungarischen Krieg kommen 22 Slowaken und 8 Ungarn um.

1939–1945: Auf den europäischen Kriegsschauplätzen finden während des Zweiten Weltkriegs ca. 50 Millionen Menschen aller kriegführenden Nationen den Tod.

1939–1945: Im Rahmen der systematischen Vernichtung der europäischen Juden durch die NS-Herrschaft des Deutschen Reiches werden ca. sechs Millionen Juden ermordet.

1939–1945: Im Rahmen der systematischen Vernichtung der Roma durch das Deutsche Reich werden ca. 200 000 Menschen dieser Gruppen ermordet.

1941–1945: Die kroatischen Ustascha ermorden 500  000 Juden, Serben und Roma. 

1945: Der Surabaya-Krieg auf Java fordert 1 000 britische und 12 000 indonesische Leben.

1945–1949: Im Indonesischen Unabhängigkeitskrieg kommen1 200 britische, 6 125 niederländische und ca. 60 000 indonesische Soldaten um.

1945-1950: Im Zusammenhang mit den Vertreibungen aus Mittel- und Osteuropa kommen mehr als 500 000 Deutsche ums Leben.

1946: Einwohner der polnischen Stadt Kielce töten 40 Juden.

1946–1949: Im Griechischen Bürgerkrieg sterben 50  000 Menschen einen gewaltsamen Tod.

1946–1954: Während des Französischen Indochina-Kriegs kommen 130 000 Franzosen und eine Million Vietnamesen, Kambodschaner und Laoten um.

1948–1960: Während der Malayan Emergency töten Briten mehr als
10  000 Malaien. 

1952–1956: Im Tunesischen Unabhängigkeitskrieg kommen 17 459 französische Soldaten und mindestens 300  000 Tunesier um.

1952–1960: Während des Mau-Mau-Kriegs in Kenia kommen 200 britische Soldaten und 20 000 Guerillakämpfer um.

1954–1962: Im Algerischen Unabhängigkeitskrieg kommen ca. 24 000 französische Soldaten und ca. 300 000 Algerier ums Leben.

1961: Die französische Polizei richtet ein Massaker an 200 Algeriern in Paris an.

1963–1964: Der Zypriotische Bürgerkrieg fordert 174 griechische und 364 türkische Leben.

1968–1998: 3 500 Menschen werden Opfer des Nordirlandkonflikts.

1974: Die Invasion der Türkei auf Zypern kostet 3 000 Türken und 5 000 griechischen sowie türkischen Zyprioten das Leben.

1979–1989: Im Sowjetisch-Afghanischen Krieg sterben 14 453 sowjetische Soldaten und ca. eine Million Afghanen.

1982: Im Falklandkrieg sterben 258 britische Soldaten und 649 argentinische.  

1991–1995: Die Jugoslawienkriege fordern 52  800 bosnische, 1 8 530 kroatische, 30 000 serbische, 4 000 kosovarische und 800 albanische Leben.

1995: Serben begehen in Srebrenica in Bosnien und Herzegowina ein Massaker an 8 000 muslimischen Bosniaken. 

1992–93: Im Georgischen Bürgerkrieg kommen 10  000 Menschen um.

1998/99: Der Kosovokrieg kostet 2 170 Serben und 10  527 Albanern das Leben.

Foto: Daniel Schvarcz

Foto: Daniel Schvarcz