Ernst Schmiederer: Nawid ist weg. Ein Buch für einen umherirrenden Freund

Datum:
Uhrzeit bis

Lesung und Gespräch mit Ernst Schmiederer (Wien)

Foto: Götz Schrage

 

 

 

 

 

Im Zeichen von Corona haben es allzu viele fast vergessen: Tag für Tag verschwinden Menschen aus unserer Mitte. Menschen, die versuchen, in Österreich ein Leben in Würde und Sicherheit zu führen, werden in Schubhaft gesperrt und auch abgeschoben – auch nach Afghanistan, obwohl dort Krieg und Gewalt herrschen.

Nawid Naderi ist einer dieser Vertriebenen, ein Umherirrender. Als Afghane ist er vor 22 Jahren mit dem Kainsmal des „Unversicherbaren“ zur Welt gekommen, wie Achille Mbembe das nennt. An Europas Grenzen, so der aus Kamerun stammende Politikwissenschafter und Historiker, werde nämlich unterschieden „zwischen einem Leben, das es wert ist, versichert zu werden, und dem Leben (…), das aufgegeben werden kann oder nutzlos ist“. Während uns, den Versicherbaren, die Welt offensteht und ein kosmopolitisches Leben eine realistische Option ist, müssen sie, die Unversicherbaren, in dieser todbringenden Logik eben dort „bleiben, wo sie sind“.

Im August 2019 flüchtete Nawid nach Frankreich, weil ihn Österreich nach vier Jahren los werden wollte. Jetzt irrt er durch Europa. Und versucht mit seinen Freunden in Österreich in Kontakt zu bleiben. Die österreichische Politik hat sich indessen nicht geändert. Ganz so, als regiere noch immer türkisblau.

Ernst Schmiederer präsentiert sein „Buch für einen umherirrenden Freund“, die beiden Bände WIR. HIER UND JETZT sowie sein Projekt einer „narrativen Demokratie“. Er engagiert sich für geflüchtete Menschen und ein #hierbleiberecht. Seit vielen Jahren sammelt und verlegt er die “Berichte aus dem neuen OE” sowie die “Geschichten der Gegenwart” (edition IMPORT/EXPORT). Ernst Schmiederer war Redakteur beim Nachrichtenmagazin „profil“, berichtete als USA-Korrespondent auch für das Schweizer Magazin „Facts“ aus New York, schrieb viel für „Die Zeit“ und publizierte über die Steuervermeidungsmodelle der großen Konzerne („Asoziale Marktwirtschaft“).

Eine Veranstaltung des Jüdischen Museums Hohenems
in Kooperation mit der Bücherei Hohenems

ORT
Aufgrund des Corona lockdown findet die Veranstaltung nicht in der Bücherei Hohenems sondern als Zoom Webinar und auf YouTube statt:

https://www.youtube.com/channel/UCgUY3FROxDyW92lzMm76ZSQ/featured

KuratorInnenführung: Jüdische Perspektiven auf die Krisen einer Idee

Datum:
Uhrzeit bis

mit Michaela Feurstein-Prasser

Foto: Dietmar Walser

Was war das „Projekt Europa“ und was ist daraus geworden? Und was wird aus ihm werden? Ist die Europäische Gemeinschaft in Zeiten beunruhigender globaler Herausforderungen – und nicht nur im Zeichen der Corona-Pandemie – noch weiter auseinander statt näher zusammengerückt? Werden nationale Interessen immer mehr gegen europäische Lösungen ausgespielt?

Vor dem Hintergrund dieser Fragen blickt das Jüdische Museum Hohenems auf jüdische Individuen, die angesichts der Zerstörungen Europas und der versuchten Vernichtung der europäischen Juden im 20. Jahrhundert nationale und kulturelle Grenzen überschritten, die universelle Geltung von Menschenrechten erneut einforderten und vehement einen europäischen Traum verfolgten. Anhand ihres Engagements für ein geeintes und friedliches Europa erkundet die Ausstellung gleichzeitig dessen neuerliche Bedrohung.

Auftakt für diesen Blick auf europäische Utopien und Ernüchterungen bildet das Eingedenken der Ohnmacht, ein Rückblick auf die Gewaltgeschichte des 20. Jahrhunderts, auf Kriege, Völkermorde und Bürgerkriege in Europa und im Zeichen des europäischen Kolonialismus.

Nicht nur angesichts der schier unvorstellbaren Opfer, welche die entgrenzte Gewalt der „zivilisierten“ Gesellschaften Europas forderte, verstand sich das europäische Projekt auch als inklusives Friedensprojekt. Heute erscheint die EU zusehends als defensives Bündnis zur Wahrung von Sicherheits- und Wirtschaftsinteressen. Wird das Projekt Europa daran scheitern?

Anmeldung erforderlich unter:
T +43(0)5576 73989 | E-Mail: office@jm-hohenems.at

Bei starker Buchung wird die Führung zweimal hintereinander durchgeführt.

Micha Brumlik: Hexenjagd im Zeichen des „jüdisch-christlichen Abendlandes“

Datum:
Uhrzeit bis

Vortrag und Gespräch mit Micha Brumlik (Berlin)

Foto: Ilse Paul, 2016

In Europa und nicht zuletzt in der deutschen Hauptstadt ist ein Grundsatzstreit entbrannt: nämlich, ob Antisemitismus und Islamophobie miteinander verglichen werden dürfen. Konservative Kräfte, aber auch die erstarkten Rechtspopulisten haben sich dabei insbesondere auf das jüdische Museum Berlin und das ebenfalls in Berlin angesiedelte Zentrum für Antisemitismusforschung eingeschossen: beide Institutionen werden beschuldigt, mit islamistischen Judenfeinden zusammenzuarbeiten. Dabei wird ganz nach dem Muster einer „Kontakt-Schuld“ gearbeitet, das so zuletzt in den USA zur Zeit der Verfolgung tatsächlicher und angeblicher „Kommunisten“ unter Senator Mc Carthy wirksam war.

Micha Brumlik diskutiert diese öffentliche Denunziation jeder kritischen Diskussion über europäische Islamfeindlichkeit, wie auch jeder Kritik an israelischer Politik als Case Study einer fatalen Instrumentalisierung von Juden und Israelis. Im Zeichen einer Ideologie des „Christlich-Jüdischen Abendlandes“ dient die neu entdeckte Liebe zu Israel offenbar vor allem der Ausgrenzung von MigrantInnen und der Legitimierung von Ressentiments.

Micha Brumlik lehrte als Professor für Erziehungswissenschaften in Heidelberg, dann in Frankfurt am Main. In Davos als Kind jüdischer Flüchtlinge geboren, lebt und arbeitet er heute als Publizist in Berlin.
Anfang der 1980er Jahre gehörte Micha Brumlik zu den Begründern der Jüdischen Gruppe Frankfurt und der Zeitschrift Babylon, von 2000 bis 2005 leitete er das Fritz Bauer Institut in Frankfurt. Er ist Mitherausgeber der Blätter für deutsche und internationale Politik. Zu seinen neusten Veröffentlichungen gehören: Wann, wenn nicht jetzt? Versuch über die Gegenwart des Judentums (2015), Demokratie und Bildung (2018), Hegels Juden. Reformer, Sozialisten, Zionisten (2019).

Nur mit Anmeldung:
T +43(0)5576 73989 | E-Mail: office@jm-hohenems.at
Eine Teilnahme an der Veranstaltung ist auch auf Zoom möglich. Bitte bei der Anmeldung mitteilen, ob man persönlich teilnehmen möchte oder auf Zoom.
Die Platzzahl im Museum ist beschränkt.

ORT
Jüdisches Museum Hohenems UND auf Zoom
Schweizer Str. 5, 6845 Hohenems