Gemeinsam impfen

Europäisches Tagebuch, 27.12.2020: In den 27 Staaten der Europäischen Union wird mit der Impfung gegen Covid 19 begonnen. Gestern wurden schon in einem Pflegeheim im deutschen Bundesland Sachsen-Anhalt, sowie in Ungarn und der Slowakei einzelne Impfdosen verabreicht. Offenbar hatte man dort an dem symbolträchtigen gemeinsamen Start am heutigen Sonntag kein Interesse. Auch in Österreich war es zunächst unklar ob in allen Bundesländern zugleich begonnen werden soll. Kritisiert wurde zunächst, dass nur in Wien und Niederösterreich begonnen werden soll, dann wurden „Showtermine“ in allen Bundesländern kritisiert. Nun sind doch alle bis auf Kärnten dabei. Während in den meisten Ländern mit Bewohner*innen in Pflegeheimen und dann mit Gesundheitspersonal in Pflegeheimen und Krankenhäusern begonnen wird, lässt sich in Tschechien Ministerpräsident Andrej Babis zuerst impfen, um „ein Vorbild“ abzugeben. Der Europäischen Union ist es jedenfalls gelungen, einen innereuropäischen Konkurrenzkampf um die Vakzine zu vermieden und eine weitgehend gerechte Verteilung der Impfdosen durchzusetzen. Und nach allen Querelen um Brexit und das Desaster einer nicht zustande kommenden gemeinsamen und womöglich auch humanen und menschenrechtskonformen Flüchtlingspolitik, hat die Europäische Union diesen symabolischen Gleichklang in der Bekämpfung der Pandemie auch bitter nötig.

Dabei musste zunächst einmal spekuliert werden, welcher Wirkstoff es denn als erster schaffen wird, die Tests zu bestehen und die Zulassung zu erreichen. Nun treten auch alle Besserwisser auf den Plan, die davon wissen wollen, dass die EU von dem einen oder anderen Wirkstoff noch mehr hätte erwerben können. Aber welcher der Wirkstoffe als erster über die Ziellinie kommt, das wussten auch diese Besserwisser vorher nicht. Andere finden, dass die Europäische Zulassungsbehörde zu langsam oder zu schnell entschieden hat. Und der Wirkstoff deshalb zu unsicher sei, oder überflüssigerweise zu aufwändig geprüft wurde, also sicherer als nötig sei. Irgendeiner ist immer schlauer. Die USA und Groß-Britannien impfen schon seit ein paar Tagen. Aber auch nur ein paar wenige Menschen. Denn die großen bestellten Mengen kommen dort genauso erst ab Januar zum Einsatz.
Der deutsche Gesundheitsminister Spahn ist jedenfalls nicht nur stolz, weil der der Impfstoff von Biontech-Pfitzer in Deutschland entwickelt wurde, sondern weil seine Entwickler nun auch noch als Symbol für ein erfolgreiches Einwanderungsland dienen sollen: das Ehepaar Uğur Şahin und Özlem Türeci, die beide Kinder türkischer Migrantenfamilien sind.

Was bei alldem fast untergeht: es ist heute auf den Tag ein Jahr her, dass Covid-19 als das erkannt wurde, was es ist.

27.12.2019: Zhang Jixian, eine Ärztin des Hubei Provinz Krankenhauses für Chinesische und Westliche Medizin, teilt den lokalen Gesundheitsbehörden mit, dass die rätselhafte Krankheit, die an SARS erinnert, offenbar durch ein neuartiges Coronavirus verursacht wurde. Zu diesem Zeitpunkt sind bereits mehr als 180 Menschen infiziert.