Wen trifft Corona? Alle. Und manche noch mehr

Rückblick, 22.6.2020: In der Fleischfabrik Tönnies in Rheda-Wiedenbrück sind von 6500 dort Beschäftigten inzwischen 1330 Menschen an Corona erkrankt. Rund die Hälfte der Arbeiter sind zu Billiglohn-Verhältnissen bei Subunternehmen angestellt, die meisten davon kommen aus Rumänien und Polen. Der Deutsche Städte- und Gemeindebund warnt, angesichts wachsender Hasspostings in sozialen Netzwerken, davor, die Menschen, die „im Niedriglohnbereich unter schlechten Wohnverhältnissen die preiswerte Fleischproduktion in bestimmten Betrieben gewährleistet haben” für diesen neuen Ausbruch der Epidemie verantwortlich zu machen. Stattdessen seien die Betriebe gefordert.
SPD-Parteivorsitzender Norbert Walter-Borjans fordert eine Grundsatzdebatte über Fleischpreise und Verteilungsgerechtigkeit: „Wenn Klein- und Mittelverdiener in Deutschland ihren Lebensstandard nur sichern können, weil Osteuropäer in unseren Schlachthöfen oder Näherinnen in Bangladesch für unsere Textilien ausgebeutet werden, dann läuft etwas gewaltig schief.“

Die WHO meldet eine neue Rekordzahl von Corona-Infektionen weltweit. Die meisten der 183.000 neuen Fälle sind nun in Nord und Südamerika zu verzeichnen. Brasiliens geschönte offizielle Todeszahlen haben inzwischen die Marke 50.000 überschritten. In den USA sind es inzwischen über 120.000. Insbesondere in bislang weniger betroffenen Bundesstaaten nehmen die Corona-Infektionen jetzt drastisch zu. Vielfach werden Schutzmaßnahmen und Menschen, die Masken tragen, von republikanischen Gouverneuren und anderen Politikern offen verhöhnt. Dem Wall Street Journal gegenüber erklärt Trump, die Maske sei für viele Menschen ja nur ein Instrument, um gegen ihn Stimmung zu machen. Sein Wahlkampfauftakt in Tulsa hingegen, dem Ort eines legendären, blutigen Massakers eines weißen Mobs an Afro-Amerikanern vor hundert Jahren, war nicht nur eine gezielte Provokation gegen die Menschenrechte. Das Ganze geriet jetzt auch zum Manifest seiner Anhänger gegen Corona-Vorsichtsmaßnahmen.

Die Teilnehmer der Wahlkampfveranstaltung sollten bei ihrer Anmeldung einer Verzichtserklärung zustimmen, und unterschreiben, dass sie die Veranstalter im Falle einer Sars-CoV-2-Infektion nicht verklagen würden. Angaben zu einer Maskenpflicht oder anderen Schutzmaßnahmen bei den Events fanden sich auf der entsprechenden Website nicht. Aber das war auch kaum nötig, die meisten Teilnehmer trugen demonstrativ keine Schutzmasken.
Der Wahlkampfauftakt verlief dennoch nicht nach dem Geschmack Donald Trumps. Ein Drittel der Plätze blieb leer. Das lag auch daran, dass sich offenbar tausende von jungen Leuten Karten reservierten um sie bewusst leer zu lassen. Allein daran kann es aber nicht gelegen haben, dass die von Trump erwarteten tausenden von Fans im Freien ebenfalls ausblieben, und die Bühne für die Übertragung wieder abgebaut werden musste, um die peinlichsten Bilder zu vermeiden.