Rückblick, 28.8.2020: Der Vorsitzende der Grazer Jüdischen Gemeinde wurde vor sechs Tagen Opfer eines antisemitischen Angriffs eines offenkundig islamistischen verhetzten Syrers. Das Verhalten des Mannes, der zuvor schon die Grazer Synagoge und eine LGBTQ Einrichtung attackiert hat, lässt auf gröbere psychische Probleme schließen.
Österreichs „Integrationsministerin“ Susanne Raab (ÖVP) reagiert nun darauf mit dem üblichen Pauschalangriff auf muslimische Flüchtlinge. Schon im September sollen Maßnahmen zu verpflichtenden Unterrichtseinheiten für Asyl- und subsidiär Schutzberechtigte in Österreich „anlaufen“. Wie diese aussehen soll, ist freilich noch unklar. Denn zusätzliche Budgetmittel sind laut Raabs Sprecherin nicht vorgesehen. Ohne Finanzierung aber flächendeckend tausende von Asylberechtigten zu „unterrichten“ ist eine – wie soll man sagen „interessante Idee“.
Die Maßnahmen sollen, so heißt es weiter, in Kooperation mit dem Österreichischen Integrationsfonds (ÖIF) und der Israelitischen Kultusgemeinde umgesetzt werden. Geplant ist unter anderem eine verpflichtende Unterrichtseinheit “Antisemitismus” für Flüchtlinge, die im Rahmen der Integrationskurse des ÖIF behandelt werden sollen. Die Kurse sollen für alle Asyl- und subsidiär Schutzberechtigten verpflichtend sein.
Weiter heißt es, man wolle ein besonderes Augenmerk auf die Multiplikatoren legen. Deutschtrainer, Integrationsberater oder Mitarbeiter von Behörden sollen in Workshops Grundlagenwissen über Antisemitismus erhalten und so bei Zuwanderern und Flüchtlingen antisemitische Haltungen sofort erkennen. Insbesondere diese Ankündigung macht hellhörig. Solche Seminare werden vom ÖIF nämlich schon durchgeführt. Das Material, das dabei verwendet wird ist recht eigentümlich, und offenbar eher vom Interesse geleitet, Menschen von vornherein zu stigmatisieren, die nicht reflexartig die politisch gewünschten Antworten geben. Und zwar solche Antworten, wie sie zum Beispiel das israelische Ministerium „für strategische Angelegenheiten“ vorgibt, deren Hauptaufgabe es ist, jede „unverhältnismäßige“ Kritik an israelischer Politik weltweit als „Antisemitismus“ zu identifizieren, ganz gleich ob sie von Juden, jüdischen Israelis im Ausland, Palästinensern muslimischen Migranten oder sonst irgendjemand geäußert werden. Außer es handelt sich um Rechtspopulisten, mit denen man gerade sonst gemeinsame Sache macht. Aber die reden ohnehin nicht über Israel, sondern über „Soros“ und andere Verschwörungstheorien.
Das Judentum wird im Übrigen vom ÖIF auf eine so naive und unglaubwürdige Weise verherrlicht, dass Vorurteile dadurch wohl eher verstärkt als bekämpft werden. So ist zum Beispiel in dem Material zu lesen, Juden könnten grundsätzlich nie und nimmer rassistisch sein, da Juden ja daran glauben würden, dass die ganze Menschheit von Adam und Eva abstammt. Das mag stimmen, oder auch nicht, da sich mittlerweile weitgehend die Erkenntnis durchgesetzt hat, dass die Welt doch älter als 5782 Jahre ist. Vor allem vertreten die Autoren des Materials offenbar die interessante These, dass Christen und Muslime noch nie etwas von Adam und Eva gehört haben. Mit diesem Material wird es sicher gelingen, viel Irritation zu ernten. Aber wer will so „Antisemitismus bekämpfen“?
Ungefähr genauso tauglich, wie die Mittel, mit denen Europas und Amerikas Rechtspopulisten “Antisemitismus” bekämpfen wollen (wenn sie es denn überhaupt wollen) sind auch die Mittel, auf die manche von ihnen im Kampf gegen Corona schwören.
Rückblick, 27.8.2020: Nicht nur Donald Trump und Jair Bolsonaro stehen darauf, und natürlich so manche anderen rechtsradikalen Fanatiker (und wie man hört leider auch Madonna): Hydroxychloroquin. Eine großangelegte Meta-Studie der Universität Neuenburg, die nun im Fachmagazin „Clinical Microbiology and Infection“ erschienen ist, kommt zu einem ernüchternden Ergebnis. Sie basiert auf 29 Studien mit insgesamt 33.000 Patienten und kommt zum gleichen Schluss, wie die Studie „Recovery Trial“ der Universität Oxford im Juni. Hydroxychloroquin hat, allein verabreicht, nicht einmal eine Placebo-Wirkung. Mit anderen Worten, die Wirkung des Malaria-Mittels gegen Covid-19 ist für sich genommen exakt Null. Schlimmer noch ist seine Wirkung, wenn das Medikament mit anderen zusammen verabreicht wird, zum Beispiel mit dem Antibiotikum Azithromycin, was in der Anfangszeit der Pandemie weit verbreitet war. Dann nämlich erhöht es das Sterberisiko substantiell, um nicht weniger als 27%.