Bruno Kreisky: oder der Mut des Unvollendeten

Europäisches Tagebuch, 22.1.2021: Heute vor 110 Jahren wurde Bruno Kreisky in Wien geboren. Bis heute polarisiert die Erinnerung an den wohl populärsten Bundeskanzler der Republik, ein Kanzler der zugleich alles andere als ein typischer Politiker Österreichs war. Gerade seine politischen Gegner ließen daran keinen Zweifel aufkommen. 1970 kandidierte ÖVP-Bundeskanzler Josef Klaus mit der Parole „Ein echter Österreicher“. Womit, so das Kalkül, über den Juden und Emigranten Kreisky eh schon alles gesagt wäre. Aber Bruno Kreisky führte die SPÖ zur relativen Mehrheit von 48,5 %. Und nach einem auch unter seinen Freunden höchst umstrittenen Zwischenspiel eines Kabinetts mit Duldung durch die FPÖ erreichte die SPÖ dreimal hintereinander mit Kreisky eine absolute Mehrheit. Lang ist‘s her, möchte man sagen.

Bruno Kreisky
Foto: Konrad Rufus Müller / Quelle: Kreisky Forum für Internationalen Dialog

Kreisky hatte keine Skrupel auch mit ehemaligen Nationalsozialisten zusammenzuarbeiten. Und zwar gerade weil er sich nicht sagen lassen wollte: er würde als Jude Politik machen. Kreisky war vor allem eines, ein europäischer Politiker und die eigene Erfahrung von Verfolgung und Exil hatte ihn seinen eigenen österreichischen Patriotismus gelehrt: der darin bestand, kein Nationalist sein zu wollen. Und schon gar kein jüdischer Nationalist.
Das sollte ihn schließlich noch in eine Auseinandersetzung treiben, in der weder sein Gegner noch er selbst irgendwelchen Ruhm ernten konnten. Seine erbitterte Fehde mit dem erzkonservativen Nazi-Jäger Simon Wiesenthal steht bis heute wie ein erratischer Block in der österreichischen Erinnerungslandschaft.
Simon Wiesenthal, dessen gute Beziehungen zur ÖVP kein bisschen vom traditionellen Antisemitismus der Christlichsozialen getrübt war, skandalisierte genüsslich Kreiskys Hemmungslosigkeit, mit „Ehemaligen“, also früheren Nazis zusammenzuarbeiten, ob solchen in der FPÖ oder erst Recht in der SPÖ. Vier der dreizehn Minister von Kreiskys sozialdemokratischem Kabinett 1970 hatten der NSDAP angehört. Und FPÖ-Chef Friedrich Peter, mit dem Kreisky 1975 eine Koalition erwog, war in einer SS-Terroreinheit aktiv gewesen, was Wiesenthal ebenfalls gezielt an die Öffentlichkeit brachte.
Kreiskys darauffolgende untergriffige Ausfälle gegen Wiesenthal („Nazi-Kollaborateur“) sind legendär. Österreich konnte dabei zuschauen, wie zwei Juden sich öffentlich an die Gurgel gingen. Aber hinter dem Streit stand keineswegs nur Kreiskys politisches Kalkül, sich bei Teilen der Wählerschaft anzudienen. Dahinter stand – mehr oder weniger unausgesprochen – die Auseinandersetzung über jüdische Erfahrungen aus denen Wiesenthal und Kreisky diametral entgegengesetzte Schlüsse gezogen hatten.
Kreiskys traumatische Erfahrungen begannen nicht erst 1938 mit dem Nationalsozialismus, sondern im österreichischen Faschismus des Ständestaats. 1936 wurde der junge Sozialist Kreisky zu Kerkerhaft verurteilt. Er hatte allen Grund, den politischen Nachkommen der Austrofaschisten ebenso zu misstrauen, wie den Nationalsozialisten, die ihn 1938 ins Exil trieben. Kreisky überlebte in Schweden und lernte dort auch den aus Deutschland emigrierten Willy Brandt kennen – der Beginn einer lebenslangen Freundschaft.

Kreisky blieb ein passionierter Europäer, dem Zionismus konnte er nichts abgewinnen. Für ihn war es keine Frage, am Aufbau eines demokratischen Österreichs nach 1945 mitzuwirken. Seine vier Kanzlerschaften waren geprägt von Reforminitiativen in der Sozialpolitik wie in der Bildungspolitik, genauso wie im Familien- und Strafrecht – und wie bei so vielen Sozialdemokraten von einem Vertrauen in den technischen Fortschritt, das ihn auch blind sein ließ für die neuen Fragen, die mit der Auseinandersetzung um das Atomkraftwerk Zwentendorf auf die Tagesordnung kamen. Auch die Niederlage bei der Volksabstimmung hinderte ihn jedoch nicht, 1979 zum vierten Mal die Wahlen zu gewinnen.

Während Wiesenthal Israel als „jüdischen Staat“ zum Kern seiner eigenen Identität in Österreich machte, versuchte Kreisky im Nah-Ost Konflikt zu vermitteln. Was ihn in Widersprüche verwickelte. Er pflegte Beziehungen zu arabischen Politikern wie Sadat und Gaddafi, und verhandelte mit Moskau diskret über die Freilassung jüdischer Sowjetbürger, die nach Israel emigrieren wollten.
Was Kreisky am besten beherrschte, war die Kunst, mit der Öffentlichkeit zu spielen. Seine Pressekonferenzen sind unvergessen. Nicht unbedingt, worum es dabei jeweils ging. Aber der Stil war ein neuer. Statt Verlautbarungen gab es Kommunikation.

„Ich lege keinen Wert auf Kränze, die die Nachwelt mir flicht. Ich lege keinen Wert auf Denkmäler. Was ich aber gerne hätte, wäre wenn einmal die Periode, in der ich die politischen Verhältnisse in Österreich beeinflussen konnte, als eine Periode der Einleitung großer Reformen betrachtet wird, die ihre gesellschaftlichen Spuren hinterlassen und eine Verbesserung der gesellschaftlichen Verhältnisse gebracht haben. Nichts wäre grauslicher als der Gedanke, nur administriert zu haben.“

Vieles von dem, was Kreisky in Gang bringen wollte, wartet noch immer darauf.

Willy Brandt, Weggefährte Kreiskys über fünfzig Jahre, hielt auf dem Wiener Zentralfriedhof die Grabrede für ihn. „Lebewohl, mein lieber, mein schwieriger Freund.“

Heute Abend um 19.00 richtet das Kreisky Forum für Internationalen Dialog in Wien eine Online-Veranstaltung zur Erinnerung an Österreichs schillerndsten Politiker aus, der wie kein anderer auf dem „Mut zum Unvollendeten“ beharrte, gegen jede Doktrin und trotzdem mit Liebe zur Theorie, gegen totalitäre Dogmatik und trotzdem für Veränderung.

Cornelius Obonya liest den Festvortrag von Franz Schuh.

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„Wir sind die neuen Juden“

Europäisches Tagebuch, 4.12.2020: Eine der führenden Gestalten und engsten Vertrauten, mit denen Viktor Orban seit Jahren ungarische Kulturschaffende und Institutionen auf Linie bringt, ist Szilard Demeter, der Leiter des Petöfi-Literaturmuseums in Budapest – und Angehöriger zahlreicher Gremien, in denen über die Vergabe von Förderungen an den Literaturbetrieb und die Musikbranche entschieden wird. Bekannt wurde Szilard nicht für seine, eher mäßig erfolgreichen, literarischen und musikalischen Versuche, sondern durch markige rechte Sprüche und Gewaltdrohungen. Nun hat er auch für Orbans beste Freunde, die israelische Regierung, ein wenig den Bogen überspannt.

George Soros, der ungarische Holocaust Überlebende und frühere Investmentbanker, der seit Jahren das beliebteste Ziel von antisemitischen Kampagnen der ungarischen Regierung darstellt, habe, so Szilard in einem Kommentar des Internetportals origo.hu am letzten Samstag, Europa zu seiner „Gaskammer“ gemacht. „Aus den Fässern der multi-kulturellen offenen Gesellschaft entströmt das Giftgas, das für die europäische Lebensform tödlich ist“. Der liberale „Führer“ und seine „Liber-Arier“ wolle die christliche und nationale Identität der europäischen Völker auslöschen. „Wir sind die neuen Juden“, schreibt Demeter und meint Polen und Ungarn, und den drohenden Beschluss der Europäischen Union, zukünftig Verstöße gegen die Rechtsstaatlichkeit zu ahnden, was Polen und Ungarn mit der Blockade des gesamten EU-Haushaltes verhindern wollen.
Demeter, der sich selbst als „fanatischer Orbanist“ bezeichnet, ist nach heftigen Protesten der jüdischen Gemeinde in Ungarn, zahlreicher Organisationen und ja, sogar der israelischen Botschaft, halbherzig zurückgerudert. Von einem Rücktritt oder einer Entlassung ist freilich nicht die Rede. Dass Soros Europa angeblich mit Muslimen „überfluten“ wolle, ist schließlich der Kern von Orbans täglicher Propaganda, bei der er von engen Vertrauten des israelischen Regierungschefs Netanjahu beraten wird. Dass Szilard sich hier ein wenig bei den Textbausteinen vergriffen hat, wird seine Karriere in Ungarn nicht wirklich behindern.

„Wir sind die neuen Juden“, hat sich mit diesen Worten nicht auch der Vorsitzende einer österreichischen Rechtspartei 2012 darüber beschwert, auf dem Weg zum Ball der Burschenschaftler beschimpft worden zu sein. „Wie die Reichskristallnacht sei das gewesen“. Nur fünf Jahre später war der Mann Vizekanzler. Szilard Demeter muss eine glänzende Karriere bevorstehen. Na ja, zumindest eine zeitlang.

Omri Boehm: Israel neu denken

Europäisches Tagebuch, 3.12.2020: Gestern hatten wir den israelischen Philosophen und politischen Denker Omri Boehm zu Gast, gemeinsam mit der Deutsch-Israelischen Gesellschaft Bodensee-Region.
Sein Buch “Israel – eine Utopie” sorgt für lebendige Diskussionen und reiht sich ein in eine wachsende Zahl kritischer Stimmen, die nicht länger dem gescheiterten Phantom einer “Zweistaatenlösung” nachhängen, sondern neue Vorstellungen eines binationalen Staats eröffnen.
An unserem Zoom-webinar mit ihm nahmen 150 Gäste  von Wien bis New York und Berlin bis Zürich teil. Hier der Mitschnitt der Veranstaltung, die weitgehend in Englisch stattfand.

 Zwischen einem jüdischen Staat und einer liberalen Demokratie besteht ein eklatanter Widerspruch. Denn Jude (und damit vollwertiger israelischer Staatsbürger) ist nur, wer “jüdischer Abstammung“ ist – oder religiös konvertiert. In seinem großen Essay entwirft Boehm die Vision eines ethnisch neutralen Staates, der seinen nationalistischen Gründungsmythos überwindet und so endlich eine Zukunft hat.
In den letzten zwei Jahrzehnten hat sich Israel dramatisch verändert: Während der religiöse Zionismus immer mehr Zuspruch erfährt, fehlt es Linken wie Liberalen an überzeugenden Ideen und Konzepten. Die Zwei-Staaten-Lösung gilt weithin als gescheitert. Angesichts dieses Desasters plädiert Omri Boehm dafür, Israels Staatlichkeit neu zu denken: Nur die Gleichberechtigung aller Bürger kann den Konflikt zwischen Juden und Arabern beenden. Aus dem jüdischen Staat und seinen besetzten Gebieten muss eine föderale, binationale Republik werden. Eine solche Politik ist nicht antizionistisch, sondern im Gegenteil: Sie legt den Grundstein für einen modernen und liberalen Zionismus.

Omri Boehm, geboren 1979 in Haifa, studierte in Tel Aviv und diente beim israelischen Geheimdienst Shin Bet. In Yale promovierte er über “Kants Kritik an Spinoza”, heute lehrt er als Professor für Philosophie an der New School for Social Research in New York. Er ist israelischer und deutscher Staatsbürger, hat u.a. in München und Berlin geforscht und schreibt über israelische Politik in Haaretz, Die Zeit und The New York Times.

Das Buch
Omri Boehm: Israel – eine Utopie
Propyläen Verlag, Berlin 2020, Gebunden, 256 Seiten,
€ 20,60, ISBN 978-3-549-10007-3

 

 

Yad Vashem. Ein Denkmal. Eine Name. Ein Streit

Europäisches Tagebuch, 26.11.2020: Fast genau zehn Jahre ist es her, da besuchte ein aufstrebender, nationalistischer Politiker aus Österreich die Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem in Jerusalem. Anfang Dezember 2010 war es. Statt mit einer Kippa oder einem Hut betrat er die Gedenkstätte mit einem Burschenschaftlerkäppi. Daheim in Wien freuten sich Rechtsextreme aller couleur schenkelklopfend über diesen makabren Scherz. Andere machten sich Sorgen, dass der demonstrative Pro-Israel-Kurs Rechtspopulisten nun auch in Österreich salonfähig machen könnte. Wenn Israel ihn so im Land willkommen heißt, „kann in Österreich über kurz oder lang niemand mehr etwas sagen. Er macht sich regierungsfähig.“ So warnte damals ein Vertreter des Dokumentationsarchiv des Österreichischen Widerstands. Nun, ja sieben Jahre später war der seltsame Gast aus Österreich Vizekanzler. Und wäre es wohl noch heute, wenn ihm keine falsche Oligarchin über den Weg gelaufen wäre.

Nun gibt es wieder Streit um Yad Vashem. Auch diesmal geht es um einen rechtsextremen Rassisten. Doch dieser soll, ginge es nach Benjamin Netanjahu, nicht zu Besuch kommen, sondern die Leitung der „Welt-Gedenkstätte des Holocaust“ übernehmen: Effi Eitam.

Eitams militärische Karriere als Brigadegeneral gipfelte in der Bekämpfung der palästinensischen Intifada. Vier seiner Soldaten schlugen damals auf seinen Befehl hin einen palästinensischen Gefangenen zu Tode und wurden – immerhin – verurteilt. Eitam kam mit einer Maßregelung davon, wurde aber nicht mehr befördert.
Konsequenterweise zog es ihn in die Politik, wo er als Knessetmitglied und als Minster unter anderem mit rassistischen Äußerungen auffiel, als er arabische Israelis als Krebsgeschwür bezeichnete und verlangte, diesen Staatsbürgern das Wahlrecht zu entziehen. Er verlangte Palästinenser gewaltsam aus dem Westjordanland zu vertreiben und einen der bekanntesten palästinensischen Führer, Marwan Bargouti, zu ermorden.

Die geplante Ernennung hat weltweit Proteste ausgelöst, von Überlebenden des Holocaust genauso wie von Wissenschaftlern, Gedenkstätten, Archiven und Jüdischen Museen. Schließlich ist Yad Vashem auch eine wissenschaftliche Institution und eines der bedeutendsten Archive der Welt. Soll es in Zukunft der Spielball nationalistischer Politik und der ausdrücklichen Unterdrückung von Minderheiten sein? Am Dienstag gingen in Israel Überlebende der Shoah auf die Straße und protestierten vor den Büros des zuständigen Ministers Ze’ev Elkin. „So wie Eitam über unsere Bürger und Nachbarn spricht, erinnert mich daran, was ich hörte als ich ein Kind war“, sagte eine der greisen und offenbar wach und jung gebliebenen Demonstrantinnen, die 92jährige Eva Morris, der Jerusalem Post.

Im Konflikt um diese Besetzung werden freilich nur jene Widersprüche auf grotesk übersteigerte Weise offenbar, die schon lange ein Problem sind. Und nicht nur in Israel. Gedenkstätten sind und waren schon immer ein Spielball nationalistischer Politik. Ob in Polen, wo in Auschwitz jahrzehntelang das polnische Leiden als „Jesus unter den Völkern“ zelebriert wurde, und die jüdischen Opfer unter den polnischen vereinnahmt wurden. Oder in Buchenwald, wo das „wahre“ Deutschland, befreit von Faschismus und Kapitalismus, sich unter die Völker der Welt einreihte, deren Erlösung im Kommunismus bestand. Ob in der „Zentralen Gedenkstätte der Bundesrepublik Deutschland für die Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft“, wo eine aufgeblasene Kopie einer „Pieta“ von Käthe Kollwitz seit 1993 auch alle jüdischen und anderen Opfer der Massenvernichtung in christlicher Ikonographie und als anonym gefallene Soldaten erinnert. Und damit zugleich zu Opfern eines ebenso anonymen Bösen erklärt, das mit Deutschland nichts zu tun hatte. Oder eben in Yad Vashem, das als Memorial nicht nur einen universellen Anspruch als Welt-Gedenkstätte erhebt, sondern zugleich alle Opfer des Holocaust nicht nur einem verständlicherweise jüdischen sondern einem nationalistischen Narrativ einverleibt. Als „Gedenkstätte für die Märtyrer und Helden des Staates Israel im Holocaust“ erklärt Yad Vashem (einem israelischen Gesetz folgend) die Toten nämlich posthum zu israelischen Staatsbürgern. Mein Großvater würde sich im Grabe umdrehen, wenn er denn je ein Grab bekommen hätte.

Der Weg durch das vor 15 Jahren neu eröffnete Geschichtsmuseum von Yad Vashem endet nicht mit einer architektonischen Geste des Traumas, keinem wie auch immer authentischen oder eben auch inszenierten Ausdruck dessen, womit die Überlebenden seit 1945 zu Recht kommen müssen. Nein der Weg durch das Museum endet auf einem herrschaftlichen Balkon, einem Blick von oben im Triumph über das Land – und mit einem Seitenblick auf jenen Hügel, auf dem das Dorf Deir Yassin stand, dessen Bewohnerinnen und Bewohner von rechten Milizen unter dem Befehl von Menachem Begin 1948 massakriert wurden. Schon 1988 fasste Yehuda Elkana den inneren Widerspruch jedes Holocaust Gedenkens in eine einprägsame Formel. Es gibt zwei widerstreitende Imperative die zu gänzlich verschiedenen Konsequenzen führen: „das soll nie wieder geschehen“ – oder „das soll UNS nie wieder geschehen“.
Zugleich offenbart sich im Konflikt um Eitam aber auch das grundsätzliche Dilemma des israelischen Staates, der zugleich eine Demokratie und ein jüdischer Staat sein will. Omri Boehm hat dies in seinem neuen Buch „Israel- eine Utopie“ mit guten Gründen als den Versuch beschrieben, so etwas zu sagen wie: „Ein Quadrat ist quadratisch, insofern es rund ist, und ein Kreis ist rund, insofern er quadratisch ist. Man behauptet nichts weiter als einen Widerspruch, aber mit Pathos, und glaubt daran.“

Auch Yad Vashem soll, als „nationale Gedenkstätte“, eine Quadratur des Kreises sein, ein Manifest gegen Rassismus und die Unterdrückung von Minderheiten, und zugleich eine Institution der Herstellung jüdisch-israelischer Identität, die einen wachsenden Teil der israelischen Staatsbürger symbolisch ausschließt. Effi Eitam wäre tatsächlich der Mann dafür, diesen Widerspruch „aufzulösen“. Freilich mit fatalen Konsequenzen. Denn Yad Vashem ist auch eines der wichtigsten Archive der Welt, eine Forschungsstätte, an der viele Menschen ihr Leben ernsthaft der Erinnerung an das größte Menschheitsverbrechen gewidmet haben. Ein Verbrechen, an das man nur erinnern kann, wenn man seine universelle und seine jüdische Dimension gleichermaßen in den Blick nimmt. Ohne es für nationale politische Zwecke, also für Herrschaft über andere zu missbrauchen.

Und schließlich offenbart sich im Streit um Yad Vashem ein wachsender Widerspruch zwischen Juden in der Diaspora und dem israelischen Staat, der Juden auch gegen ihren Willen vereinnahmt, tot oder lebendig, und gegen die arabischen Bürger Israels und gegen die Palästinenser in den besetzten Gebieten ausspielt. Ein Streit, der inzwischen sogar die Besetzung führender Positionen in zionistischen Organisationen weltweit erfasst, Entscheidungen, die die israelische Regierung zur alleinigen Angelegenheit ihrer inneren Koalitionsdeals gemacht hat, statt sie wie bisher mit jüdischen Organisationen in der Diaspora abzustimmen.

Wenn es nun auch über die Besetzung des Vorstands von Yad Vashem zu einem Koalitionsstreit zwischen Israels „besten Feinden“, Benjamin (Bibi) Netanjahu und Benjamin (Benny) Gantz kommt, dann nicht, weil Benny Gantz Probleme damit hat, Yad Vashem als Ort nationalistischer Gehirnwäsche zu missbrauchen, sondern, weil auch innerhalb Israels gerade wieder eine Reihe von Top-Posten zu besetzen sind. Und dabei wollen beide einen guten Schnitt machen. Netanjahu braucht schließlich in der Justiz Leute in führenden Positionen, die ihm den drohenden Prozess ersparen.
Der für Yad Vashem zuständige Minister Ze‘ev Elkin, der an Eitams Besetzung eisern festhalten möchte, hat indessen schon den Gipfel der zynischen Verlogenheit erklommen:  Er hoffe doch, sagte er der israelischen Tageszeitung Haaretz, dass „Yad Vashem nicht Geisel in einem politischen Spiel wird. Es gibt Dinge, die stehen über der Politik.” Wenn es gelingt, Effi Eitam zu verhindern, wird ein bitterer Beigeschmack bleiben. Und viel zu tun. Das müssen wir wissen.

Die Stunde der Kommission – die Ausdauer des Parlaments

Europäisches Tagebuch, 12.11.2020: Innerhalb einer Woche kommen aus Brüssel und aus Strassburg einmal gute europäische Nachrichten. Nachdem die clever lancierte Nachricht vom Durchbruch bei der Entwicklung eines Covid-19 Impfstoffes durch die deutsche Firma Biontech dem Boulevard Sorgen macht, ob „wir“ (also vor allem wir und nicht die anderen) genug von dem Impfstoff abbekommen, zeigt sich schon mal, was auf uns alle zukäme, wenn Konkurrenz, Macht und Korruption alleine über die Versorgung mit Impfstoffen entscheiden würden. Währenddessen hat die EU-Kommission Verträge abgeschlossen, die eine gleichmäßige Verteilung der Ressourcen in Europa sicherstellen soll. Und dies in großem Stil. Man mag gespannt sein, welche Störfeuer es dabei noch geben wird. Aber Brüssel scheint entschlossen zu sein, hier das Heft endlich mal in der Hand behalten zu können.

Derweilen freut sich die deutsch-türkische community über die guten Nachrichten besonders. Schon im April betitelte der Berliner Tagesspiegel einen Bericht über Biontech mit der ironischen Überschrift: „Wir sind Impfstoff“. Und verriet der erstaunten Leserschaft, wer hinter dem Unternehmen und seinem jetzigen Erfolg steht: der Gründer Uğur Şahin und die medizinische Leiterin Özlem Türeci, beide türkischstämmige Migrantenkinder.

Auch das Europäische Parlament ist es inzwischen satt, als zahnloser Tiger in Straßburg dahinzuvegetieren. Die Kürzungen von europäischen Projekten im Bereich Bildung und Gesundheit, mit denen Rat und Kommission den Sparefüchsen Österreich und Konsorten die Ausgaben für das große Corona-Hilfspaket versüßen wollte, sind nun zum Teil wenigstens zurückgenommen. Der eigentliche Durchbruch aber besteht darin, dass die EU tatsächlich gemeinsam Schulden aufnehmen und gemeinsam Einnahmen über eigene Steuern lukrieren kann. Genau das also, was alle nationalen Häuptlinge bislang zu verhindern versuchten. Denn damit ist endlich ein weiterer Schritt zu geteilter Souveränität getan. Und die bedeutet auch eine wirksame Verpflichtung auf gemeinsame rechtstaatliche Standards.

In der Auseinandersetzung um rechtstaatliche Verfahren hat das Parlament nun mit der Kommission und dem Rat einen Kompromiss geschlossen, der immerhin ein deutliches Signal aussendet, dass Verstöße gegen Rechtsstaatlichkeit, wie sie z.B. in Polen und Ungarn inzwischen an der Tagesordnung sind, in Zukunft tatsächlich geahndet werden sollen. Und dies auch schon dann, wenn der Missbrauch von EU-Geldern drohen würde, und nicht erst, wenn das (wie es der halbgare deutsche Kompromissvorschlag zwischendurch vorsah) schon geschehen ist. Dies hieße dann konsequenterweise auch: wenn die rechtlichen Verhältnisse in einem Mitgliedsland keine demokratische Kontrolle mehr über deren Verwendung garantieren würden. Entscheiden solle darüber freilich nicht das Parlament, sondern eine qualifizierte Mehrheit im Rat von 15 Staaten (die 65 Prozent der EU-Bevölkerung repräsentieren). Bleibt also abzuwarten, ob das Parlament damit sein Gebiss endlich gefunden hat. Denn im Grunde sind die Voraussetzungen demokratischer Kontrolle angesichts einer in Ungarn schon weitgehend vom Orban-Regime kontrollierten Presse und einer in Polen wie in Ungarn staatlich gegängelten Justiz schon jetzt weitgehend demontiert. Und damit Handlungsbedarf gegeben.
Polen und Ungarn drohen hingegen weiterhin mit einem Veto gegen den Haushalt und das Hilfs-Paket. Gelder, von denen sie freilich selbst überproportional profitieren würden. Es bleibt also spannend.

René Samuel Cassin und die Menschenrechte

Europäisches Tagebuch, 5.10.2020: Heute vor 133 Jahren wurde in Bayonne René Samuel Cassin geboren, einer der engagiertesten Vorkämpfer der Menschenrechte im 20. Jahrhundert. 1968 wurde ihm für seine Verdienste der Friedensnobelpreis verliehen.

René Samuel Cassin

Cassins Vater Azarie Henri Cassin entstammte einer sefardischen, portugiesisch-marranischen Familie und war als Weinhändler in Nizza tätig. Seine Mutter Gabrielle Dreyfus stammte aus einer elsässisch-jüdischen Familie. Cassin zog als promovierter Jurist in den 1. Weltkrieg und kehrte schon im Oktober 1914 schwer verwundet zurück. Noch während des Krieges gründete er mit anderen Kriegsteilnehmern die Union fédérale, den französischen Verband der Kriegsopfer, dem er von 1922 als Präsident vorstehen sollte. 1921 und 1924 organisierte er Konferenzen von Kriegsversehrten und Veteranen, die für Verständigung und Friedensabkommen zwischen den verfeindeten Nationen eintraten. Er tat dies durchaus als französischer Patriot, der von einer universellen französischen Mission überzeugt war:

„Wir verkörpern seit Jahrhunderten ein Ideal der Freiheit, der Unabhängigkeit, der Menschlichkeit“, deshalb seien die Mitglieder der Union fédérale die „Vertreter der französischen Moral in der Welt“.

Als Professor ab 1920 in Lille, dann ab 1929 an der Sorbonne in Paris, lehrte er Völkerrecht. Vor allem aber war Cassin in unzähligen Nichtregierungsorganisationen und politischen Ämtern aktiv. Von 1924 bis 1938 vertrat er Frankreich beim Völkerbund. 1940 emigrierte er nach London und gründete mit Charles de Gaulle France Libre, die französische Exilarmee in den britischen Streitkräften. Von 1941 bis 1943 wurde er Nationalkommissar der Freien Französischen Regierung in London und 1944 gehörte er zu den Initiatoren des Französischen Komitees für die Nationale Befreiung in Algier und bereitete als Präsident deren juristischer Kommission die französische Gesetzgebung nach 1945 vor. 1944 wurde er Vizepräsident des französischen Staatsrates (bis 1960) und 1946 auch Präsident der französischen Elite-Hochschule École nationale d’Administration.

Von 1946 bis 1958 vertrat er Frankreich bei den Vereinten Nationen und gehörte zu den Begründern der UNESCO. Vor allem aber gehörte zum engsten Kreis der Verfasser der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte der Vereinten Nationen, zusammen u.a. mit Karim Azkoul, dem libanesischen Diplomaten und Philosophen.
Von 1959 bis 1968 schließlich war er Vizepräsident, dann Präsident des Europäischen Menschenrechtsgerichtshofes.

Eine Palästinareise in den 1930er Jahren, vielleicht auch sein sefardisches Familienerbe, hatte ihn dazu motiviert sich für die Förderung der arabisch-jüdischen Bevölkerung Palästinas einzusetzen. Nach 1945 wurde er neben seinen vielen anderen Ämtern auch Präsident der Alliance Israelite Universelle (die im 19. Jahrhundert die Ideale der französischen Revolution vertrat und europäische Bildung unter orientalischen Juden verbreiten sollte, nicht ohne eine gewisse Portion europäisch-kolonialen Hochmut).

„Hitlers Hauptziel war die Auslöschung der Juden“, schrieb Cassin, „aber ihre Vernichtung war auch Teil einer Attacke auf Alles, wofür die Französische Revolution stand: Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit und Menschenrechte. Hitlers Rassismus war im Kern ein Versuch, die Prinzipien der Französischen Revolution auszulöschen.“ Das hinderte Cassin zwar nicht, nach der Vernichtung des europäischen Judentums das jüdisch-nationale, zionistische Projekt zu unterstützen. Doch forderte er nach 1945 auch klare Einschränkungen nationaler Souveränität in allen Fragen der Menschenrechte, die vor jeder nationalen Gesetzgebung Vorrang haben müssten und auch mit Zwangsmaßnahmen durchgesetzt werden müssten.
Sein Eintreten für soziale Rechte weckte in den USA Misstrauen gegen ihn. Ein Beamter des State Department stand nicht an, ihn als „Kryptokommunisten“ zu bezeichnen. Doch neben seinem Engagement für die Menschenrechte und für die Ideale der Gleichheit, blieb Cassin in vielen gesellschaftspolitischen Fragen ein klassisch konservativer Liberaler. So hatte er gegenüber der rechtlichen Gleichstellung von Frauen eine eher zögerliche Haltung, ja er stimmte im französischen Exilparlament in Algier sogar gegen eine sofortige Einführung des aktiven und passiven Frauenwahlrechts.

Cassin starb am 20. Februar 1976 in Paris.

Die Stunde des Parlamentes

Europäisches Tagebuch, 6.10.2020: Gestern debattierte das Europäische Parlament den vorliegenden Bericht über die Demontage rechtsstaatlicher Prinzipien in einigen Mitgliedsländern. Eine turbulente Diskussion.
Seit Monaten ringen das Europäische Parlament und die Kommission um eine klare Linie gegenüber jenen Europäischen Staaten, die sich von rechtstaatlichen Standards verabschieden , auf dem Weg zur „illiberalen Demokratie“, also Staaten ohne freie Presse, ohne unabhängige Justiz, ohne Schutz von Minderheiten vor Willkür, Diskriminierung oder Verhetzung, ohne das politische Korrektiv einer wachen Zivilgesellschaft – Staaten also in denen das Volk nur noch an die Urne gerufen wird, um seine Führer im Amt zu bestätigen, die ohnehin schon vor der Wahl verkünden, dass sie auch bei einer Wahlniederlage nicht abtreten werden.
Ende September hat die Europäische Kommission erstmals einen EU-weiten Bericht über die Situation der Rechtstaatlichkeit in den einzelnen Mitgliedstaaten veröffentlicht, der wie erwartet besorgniserregend ausfällt. Dabei weist der Bericht nicht nur auf die wachsende staatliche „Kontrolle“ von Presse und Justiz in Ländern wie Ungarn und Polen hin, sondern auch auf erhebliche Defizite in Bereichen wie Korruptionsbekämpfung oder Gewaltenteilung, auch in anderen Staaten wie Bulgarien, Malta, Tschechien, Kroatien, der Slowakei oder Rumänien. Kommissionspräsidentin von der Leyen war bemüht, diplomatisch zu bleiben. „Wenngleich wir in der EU sehr hohe Standards in Bezug auf die Rechtsstaatlichkeit haben, besteht an verschiedenen Stellen Handlungsbedarf.“ Man werde „weiterhin mit den Mitgliedstaaten an Lösungen arbeiten“. Vizepräsidentin Véra Jourová wurde in einem Spiegel-Interview zuvor schon deutlicher, und bezeichnete Ungarn als „kranke Demokratie“, was ihr prompt Rücktrittsforderungen aus Budapest eintrug.

Im Zuge des 1,8 Milliarden Euro Deals der EU Kommission, mit dem die europäische Wirtschaft und insbesondere die am schwersten betroffenen Staaten nach dem Corona-Einbruch wieder in Schwung gebracht werden soll, hatten Kommission und Parlament auch einen wirksamen Mechanismus versprochen, um die Einhaltung rechtstaatlicher Regeln einzufordern. Polen und Ungarn haben von Anfang an deutlich gemacht, was sie davon halten – und im Rat eine Blockade der Wirtschaftshilfen angedroht. Hilfen von denen sie freilich selbst ebenfalls stark profitieren würden. Die deutsche Ratspräsidentschaft hat vor einer Woche einen Kompromissvorschlag vorgelegt, der eher den Eindruck eines zahnlosen Tigers macht. Kürzungen von EU-Finanzhilfen wären damit nur nach der Feststellung möglich, dass Verstöße gegen die Rechtsstaatlichkeit auch direkte Auswirkungen auf den Umgang mit Geld der EU haben. Die EU-Kommission wollte einen durchaus härteren Weg gehen und den Zugang zu Finanzmitteln generell von der Einhaltung der Rechtstaatlichkeit abhängig machen. Doch auch der deutsche Kompromissvorschlag, der im Zweifelsfall wohl völlig wirkungslos bleiben würde, scheitert natürlich am Veto aus Budapest und Warschau.
Doch auch die Niederlande, Belgien, Schweden, Dänemark und Finnland stimmen gegen die deutsche Vermittlung. Ihnen geht der Vorschlag verständlicherweise nicht weit genug.
Und so rüstet sich nun das EU-Parlament in dieser Frage endlich auch ins Spiel zu kommen.

Katarina Barley, die deutsche stellvertretende Präsidentin des EU-Parlaments erklärt dem Deutschlandfunk, dass man sich von Ungarn und Polen und ihrer Drohung, das ganze Budget platzen zu lassen keineswegs erpressen lassen will. „Wenn wir jetzt die Rechtsstaatlichkeit aufgeben, dann haben wir für die weiteren sieben Jahre Verhältnisse in der EU, wie sie unsere Bürgerinnen und Bürger auch nicht wollen, denn unsere Steuergelder gehen dann an Regime wie das von Orbán und Kaczynski, die sich vor allen Dingen Geld in die eigene Tasche schaufeln, aber ihre Länder zu Demokratien umbauen, die mit den Werten der EU nichts mehr zu tun haben.“ Schließlich wäre Ungarn auf die EU finanziell angewiesen.

In der Parlamentsdebatte gestern hielt der slowakische Abgeordnete und Berichterstatter des Parlaments zu Demokratie und Rechtsstaatlichkeit, Michal Simecka, eine bewegende Rede. Ungarn sei keine Demokratie mehr, und Polen auf dem Wege dazu. Auch Bulgarien sei auf einem gefährlichen Weg, dort würden Menschen seit drei Monate erfolglos gegen die grassierende Korruption der Regierung protestieren. Er selbst hätte vor 1989 schon erlebt, was es heißt, wenn Menschen willkürlich verhaftet werden oder ihre Arbeit verlieren, weil sie ihre Meinung sagen. Das Bild der EU als „Garant für Demokratie“ sei stark beschädigt. Nur ein „besseres Monitoring“ wie es die EU-Kommission fordere reiche nicht. Die „Herrschaft des Rechts“ müsse auch durchgesetzt werden können. Die im Bericht kritisierten Regierungen reagierten unterschiedlich, während Bulgarien und Rumänien weitere Reformen im Sinne der EU-Empfehlungen ankündigten, griffen Polen und Ungarn die EU frontal an und wiesen jede Kritik zurück. Morgen wird über den Bericht im Parlament abgestimmt. Eine breite Zustimmung wird erwartet. Dann wird sich zeigen, ob das Parlament gegenüber dem Europäischen Rat, in dem Länder wie Polen oder Ungarn mit ihrem Veto-Recht gegen das Hilfs-Budget drohen, auch standhaft bleibt.

Im Internet rücken derweilen die treuesten Freunde von Orbans“ neuer Demokratie“ schon zum Entsatz aus, allen voran Henryk Broder, der sich im rechten Bloggerparadies „Achse des Guten“ über die „Domina“ Barley lustig machen darf. Sexismus darf bei diesem Männerbund ja nicht fehlen.

Die Eröffnung

Europäisches Tagebuch, 4.10.2020:
Unsere Ausstellung Die letzten Europäer. Jüdische Perspektiven auf die Krisen einer Idee | Die Familie Brunner. Ein Nachlass hat begonnen. Unter Corona-Bedingungen eine ungewohnte Eröffnung vor kleinem Publikum – mit gebührendem Abstand und Platzbeschränkung, wie es die Situation erfordert. Alles ist eben etwas anders im Moment.
Dafür nahmen viele Gäste am Livestream teil und nun sind die Eröffnungsreden von Bürgermeister Dieter Egger, Landesstatthalterin Barbara Schöbi-Fink, Aleida Assmann, Ariel Brunner, Hannes Sulzenbacher und Felicitas Heimann-Jelinek – wie auch der Film von Ronny Kokert über Moria im Februar 2020 – auf unserem youtube-Kanal zu sehen. Hineinschauen und Hineinhören lohnt sich, viel überraschendes ist da zu entdecken. Wir freuen uns auf anregende Diskussionen in unserem Haus.

 

Hier einige Impressionen vom ersten Tag, eingefangen von Dietmar Walser.

Foto: Dietmar Walser

Foto: Dietmar Walser

“Symbolpolitik”

Europäisches Tagebuch, 12.9.2020: Der österreichische Kanzler postet eine Videobotschaft. Das hat für ihn den unbestreitbaren Vorteil, sich keine unbequemen Fragen von aufsässigen Journalisten mehr gefallen lassen zu müssen. Das Lügen fällt noch leichter so.
Es können ja nicht jedes Jahr mehr hier ankommen, sagt er. Doch es werden seit Jahren immer weniger. 2019 wurden so wenige Asylanträge gestellt, wie kaum zuvor seit dem Jahr 2000.

Einmal mehr bekräftigt er seine Weigerung, unbegleitete Kinder oder irgendjemand anderes aus dem zerstörten Lager Moria aufzunehmen. Und demonstriert dabei eine eigensinnige Version von „Moral“. „Dieses menschenunwürdige System aus 2015, das kann ich mit meinem Gewissen nicht vereinbaren.“ Von welchem „System“ spricht er? Von welchem Gewissen?
Man werde stattdessen „vor Ort helfen, damit eine menschenwürdige Versorgung sichergestellt ist.“ Dazu hatte man inzwischen jahrelang die Möglichkeit. Und Österreich hat keinen Finger gerührt. Denn die Verhältnisse in Moria sollten ja als Abschreckung dienen, und konnten deswegen gar nicht menschenunwürdig genug sein. Die Forderung nach mehr humanitärem Engagement Österreichs „vor Ort“ hat Sebastian Kurz schon als Außenminister und erst recht als Bundeskanzler bislang nur rhetorisch interessiert. Geschehen ist so gut wie nichts. Nun fordert er ein „einen ganzheitlichen Ansatz“. Was meint er damit? „Symbolpolitik“ lehnt er ab, womit er offenkundig die bescheidenen (beschämenden?) Versuche Deutschlands, Frankreichs und einiger anderer europäischer Staaten (incl. der Schweiz) meint, wenigstens ein paar hundert Kinder aus dem Inferno auf Moria zu befreien.

Das ist der gleiche Mann, der bei Gedenkfeiern für die Opfer der Shoah pflichtschuldig ernst dreinschaut, wenn der Talmud zitiert wird: „Wer ein Menschenleben rettet, rettet die ganze Welt.“ Ob das wirklich stimmt weiß ich auch nicht. Aber jedes aus dem Dreck von Lesbos gerettete Kind wird es zumindest so empfinden.

Tausende von Flüchtlingen campieren dort nach wie vor im Freien. Aber auch für Salzburgs Landeshauptmann Haslauer sind die 13.000 Flüchtlinge nur ein kollektiver Brandstifter und Erpresser, der sein Haus angezündet hat, „damit (sein) Nachbar (ihn) aufnehmen muss“. Und dem man deswegen auch nicht helfen soll. Diese kranke Logik ist derzeit nicht nur in Österreichs Regierung, sondern vor allem in sozialen Netzwerken verbreitet. Hat es Sinn dagegen noch irgendwie zu argumentieren? Mit so hilflosen Sätzen wie:
Die meisten Menschen dort haben überhaupt nichts angezündet, sondern nur ein paar von ihnen. Und war es In Österreich nicht bislang üblich, Kinder aus einem Haus zu retten, auch wenn einer der Hausbewohner vielleicht ein Brandstifter war? Die Menschen in Moria haben aber gar nicht in einem „Haus“ gewohnt, sondern waren gegen ihren Willen in ein Lager gesperrt. Und sie wurden dort unter Bedingungen „gehalten“, von denen jeder und jede wusste, dass sie irgendwann zu einer Explosion der Verzweiflung führen musste. Am Ende kam Corona ins Lager und die nackte Panik.
Wie will man überhaupt miteinander reden, wenn solche einfachen Wahrheiten keine Rolle mehr spielen? Aber genau darum geht es ja. Hier soll nicht miteinander geredet werden. Deswegen ja auch eine Videobotschaft.

Brexit 2.0

Europäisches Tagebuch, 14.9.2020: Das Britische Unterhaus beschließt die von Premier Boris Johnson beantragte einseitige Aufkündigung des Brexit-Vertrags im Zuge des sogenannten „Binnenmarktgesetztes“. Dass damit sowohl britische Gesetze als auch internationales Recht gebrochen werden, scheint nicht nur der Brexit-Regierung sondern auch der Mehrheit des Parlaments egal zu sein. Hauptargument ist der in der Tat prekäre Status, den Nordirland in dem neuen Regelwerk erhält, das Johnson als großen Deal nicht einmal einem Jahr durchs Parlament peitschte. In einer Zollunion mit Irland und der EU – und einer Zollgrenze zum Rest des britischen Königreiches. Jedenfalls dann, wenn es mit den Verhandlungen eines umfassenden Freihandelsabkommens zwischen Großbritannien und der EU hapert. Seine Vorgänger John Major und Tony Blair sind nun „entsetzt“, aber das schert die Austritts-trunkene Mehrheit ohnehin nicht. 
Einmal mehr zeigt sich, welchen Preis die Brexiteers offenbar für ihren nationalistischen Aufstand gegen die europäische Einigung zu zahlen bereit sind. Der mühsam erreichte, gleichwohl prekäre Friedenszustand in Nordirland droht nun ganz bewusst geopfert zu werden. Dass Johnson gerne mit dem Feuer spielt ist allen bekannt. Aber die meisten seiner Torys folgen ihm nun wie Lemminge. Es braucht nur ein paar absurde Verschwörungstheorien wie sie unter rechtspopulistischen Führern immer beliebter werden: die EU plane eine „Lebensmittelblockade“ zwischen Nordirland und dem restlichen Königreich. 
Dabei überschätzen die Brexiteers Großbritanniens Möglichkeiten, sich außerhalb der EU unter dem Protektorat der USA zu einer internationalen Wirtschafts- und Handelsmacht aufzuspielen auf groteske Weise. Das wird sich rächen, wenn es längst zu spät ist. So wie es aussieht, wird sich Großbritannien in den nächsten Jahren weniger mit seiner großartigen, in Wirklichkeit ziemlich maroden Ökonomie beschäftigen, als mit den Zentrifugalkräften, die der Brexit freisetzt, von Nordirland bis Schottland, und schließlich auch in London. Auf die vermutlich die Antwort nur mehr nationalistischer Furor sein wird. Zu den Hintergründen der ökonomischen Perspektiven siehe auch diesen interessanten Beitrag von Paul Mason auf IPG: https://www.ipg-journal.de/regionen/europa/artikel/detail/im-groessenwahn-4634/?utm_campaign=de_40_20200911&utm_medium=email&utm_source=newsletter

Rodolfo Brunner

Büste Rodolfo Brunner, von Oscar Brunner. Jüdisches Museum Hohenems, Nachlass Carlo Alberto Brunner

Die zweite Generation der Hohenemser Einwanderer in Triest brachte die Brunner-Familie zu ihrem sozialen und wirtschaftlichen Zenit. Rodolfo Brunner (1859-1956), ältester Sohn von Carlo Brunner und Caroline, geb. Rosenthal, hielt einerseits bedeutende Anteile an den Industrieunternehmen seiner Familie (u.a. Chemie, Pharmazie, Minen und Reedereien) und Leitungsfunktionen in Unternehmen, wie der Generali-Versicherung, an der die Brunner ebenfalls Anteile besaßen. Andererseits spezialisierte er sich auf die Modernisierung und Optimierung der Landwirtschaft in Venetien und dem Friaul, nicht zuletzt im Isonzo-Delta. Politisch sympathisierte er mit der liberalnationalen Partei Triests, die eine stärkere Orientierung der Stadt nach Italien forderte, suchte aber stets den Ausgleich mit den habsburgisch-österreichischen Interessen. Wie der Großteil der Wirtschaftselite Triests, aber auch viele Juden der Stadt, schloss sich Rodolfo Brunner schon früh den italienischen Faschisten an. Als Wirtschaftsmagnat der Stadt kam er vermutlich öfter in Kontakt mit den Spitzen ihrer Politik. Der Grund für das Zusammentreffen mit Mussolini auf dem Foto ist allerdings nicht bekannt, es könnte sich jedoch um die Verleihung des „Goldenen Stern für landwirtschaftliche Verdienste“ handeln, der Rodolfo 1937 zuerkannt wurde.
Sein Großneffe Oscar Brunner (1900 – 1982) war Architekt und Bildhauer, jedoch finden sich nur wenige seiner Werke in öffentlichen Sammlungen.

Rodolfo Brunner und Benito Mussolini, vermutlich 1937. Fotoalbum der Familie mit Szenen aus dem Leben auf den Landgütern im Isonzodelta. Jüdisches Museum Hohenems, Nachlass Carlo Alberto Brunner
Carlo Alberto Brunner, „Il Fondo del Ghetto” (Am Grunde des Ghettos): über Rodolfo Brunner und das Abenteuer der Industrialisierung
Carlo Alberto Brunner, „Il Fonds del Ghetto” (Am Grunde des Ghettos): Über Rodolfo Brunner und den 1. Weltkrieg

Carlo Alberto Brunner

Löschwiege von Carlo Alberto Brunners Schreibtisch. Jüdisches Museum Hohenems, Nachlass Carlo Alberto Brunner

Das Jüdische Museum Hohenems verdankt den Bestand Carlo Alberto Brunner (1933-2014) seinen Kindern, die sich nach seinem Tod entschlossen, einen Teil des Nachlasses dem Museum als Dauerleihgabe zu überlassen. Carlo Alberto Brunner wuchs in Triest auf, als erster Sohn von Leone Brunner und Maria Teresa Brunner (geb. Clerici). Die NS-Zeit überlebte er mit seiner Familie im toskanischen Forcoli, wo die Familie ein Anwesen besaß. In der Zeit vom Einmarsch der Deutschen bis Ende der 1960er- Jahre war die Familie mit schweren wirtschaftlichen Verlusten konfrontiert. Nach dem Verkauf des Anwesens in Forcoli zog Carlo Alberto nach Israel und re-konvertierte zum Judentum. Er lebte zuerst in einem religiösen, dann in einem sozialistischen Kibbuz. 1974 heiratete er Nurit Feuer und lebte mit seiner Familie in einer Wohnung in Giv’atayim, einem Vorort von Tel Aviv, inmitten der Memorabilia seiner Hohenemser und Triester Familie, Ölgemälden aus dem frühen 19. Jahrhundert und aus Triest, Erbstücken und Erinnerungen. Carlo Alberto Brunner hinterließ auch das Manuskript eines Buches „Il Fondo del Ghetto“, in dem er die Stationen seines Lebens und seine Familiengeschichte im Spiegel der großen politischen Ideen, historischen Ereignisse und nationalistischen Katastrophen des 20. Jahrhunderts reflektiert.

Carlo Alberto Brunner: „Il Fondo del Ghetto“ (Am Grunde des Ghetto), Manuskript. Jüdisches Museum Hohenems
Carlo Alberto Brunner, „Il Fondo del Ghetto” (Am Grunde des Ghettos): Kindheit unter Deutscher Besatzung
Carlo Alberto Brunner, „Il Fondo del Ghetto” (Am Grunde des Ghettos): Über Israel und ethnische Nationalstaaten

Guido Brunner

Huf des Pferdes „Trieste“ von Guido Brunner. Jüdisches Museum Hohenems, Nachlass Carlo Alberto Brunner

Der Zerfall der multikulturellen Stadt Triest in ethnische und politische Lager zog sich weit in die Familien hinein. Guido Brunner (1893 – 1916), der ältere Sohn von Rodolfo und Gina Brunner, war wie seine Mutter Anhänger des Irredentismus, der gegen Österreich gerichteten italienischen Anschlussbewegung. Dies brachte ihn auch in Konflikt mit seinem Vater, der loyal zur Habsburger Monarchie stand. Als österreichischer Staatsbürger wurde Guido Brunner zur Armee eingezogen, desertierte jedoch und schloss sich den italienischen Truppen an. Auch seine Cousins kämpften auf verschiedenen Seiten im Weltkrieg, für die österreichische Monarchie und in der Britischen Armee. 
Guido wurde auf österreichischer Seite als Deserteur zum Tode verurteilt, jedoch von Kaiser Franz-Josef begnadigt. 1915 zog er dennoch für Italien in den Krieg und fiel am 8. Juni 1916 in der Schlacht von Monte Fior in den Alpen. Seine Überreste wurden nicht gefunden. Guido Brunners Pferd „Trieste“ überlebte die Schlacht und verbrachte sein restliches Leben auf dem toskanischen Landgut Forcoli der Brunners. Einer Reiter-Tradition folgend wurde nach seinem Tod ein Huf präpariert und als Dekorations- oder Gebrauchsgegenstand verwendet. Auf der Metall-Kappe ist die Inschrift: „Trieste segui in guerra il suo padrone Guido Brunner mori e fu sepolta a Forcoli li 8. XII.1918“ („Trieste – Er folgte seinem Meister, Guido Brunner in den Krieg, er starb und wurde in Forcoli begraben am 8. 12. 1918.“)

Carlo Alberto Brunner, „Am Grunde des Ghettos“: Über Guido Brunners „Heldentod“

Verstehen wir uns?

Ausstellungsinstallation Verstehen wir uns? Foto: Dietmar Walser

Aufgewachsen im heute polnischen Białystok, einer einstmals multiethnischen, multireligiösen und vielsprachigen Stadt im Russischen Reich, dachte Ludwik Zamenhof (1859–1917) bereits früh über eine neue, universell verständliche Sprache nach. Wie manch anderer seiner Zeitgenossen hoffte er, mit der Entwicklung einer rational leicht erfassbaren Weltsprache die internationalen und ethnischen Beziehungen zu verbessern. „Die Zerrissenheit und der Hass zwischen den Nationen werden nur dann vollständig verschwinden,“ – so war er überzeugt – „wenn die ganze Menschheit eine Sprache und eine Religion hat.“ 1887 publizierte der Sohn einer jiddisch sprechenden Mutter und eines sich meist des Russischen bedienenden Vaters seine „Plansprache“ unter dem Pseudonym Doktor Esperanto (der Hoffende). Daraus wurde bald der Name der von ihm erdachten Sprache. Deren logische Struktur, möglicherweise aber auch Zamenhofs Übersetzung der hebräischen Bibel ins Esperanto, trug zur schnellen Verbreitung der Sprache bei – und zur Bildung einer internationalen Bewegung, die sie propagierte. Schon 1905 fand der erste Esperanto-Weltkongress in Boulogne-sur-Mer statt, dem jährliche Weltkongresse folgten. 

Ludwik Lejzer Zamenhof, um 1900, ©: Österreichische Nationalbibliothek, Bildarchiv

< Plakat für den Esperanto-Weltkongress in Warschau 1937, © Österreichische Nationalbibliothek, Bildarchiv

< Zitate zur Ablehnung des Zamenhof-Jahres durch den Stadtrat von Białystok, Dezember 2016 (Quelle: www.esperanto.de)

Esperanto hätte eine gemeinsame Sprache in einem vereinten Europa werden können. Doch wenn es in der Politik um Sprache geht, geht es immer auch um Macht. So haben sich mehrere Nationalsprachen für den Gebrauch in den EU-Gremien durchgesetzt und eben nicht Esperanto. Der Bedeutung dieser Sprachutopie zollte jedoch die UNESCO Anerkennung. Zamenhofs Todestag wurde in die offizielle Liste der UNESCO-Gedenktage 2017 aufgenommen.
Die Stadtregierung von Białystok hat sich für ihren illustren Sohn, der darum gekämpft hat, dass Europäer einander besser verstehen, freilich nicht sonderlich interessiert. Als 2016 im Stadtrat der Antrag eingebracht wurde, in seinem hundertsten Todesjahr 2017 mit einem offiziellen Programm an ihn zu erinnern, wurde das mit den Stimmen der nationalkonservativen Partei PiS („Recht und Gerechtigkeit“) abgelehnt. Esperanto, so hieß es, habe heute keine Bedeutung mehr. Über diese Entscheidung wurde ursprünglich nur in einigen polnischen Zeitungen berichtet. Als aber die Nachrichtenagentur Agence France-Presse und dann Yahoo die Nachricht international bekannt machten, erschienen auf der ganzen Welt Berichte über das verleugnete Erbe Ludwik Zamenhofs und den nationalistischen Antisemitismus der PiS-Partei.

Liliana Feierstein (Berlin): Über Esperanto als jüdische, europäische und internationale Sprache

Gina Segré-Brunner

Tasse mit Untertasse von Gina Segré-Brunner. Jüdisches Museum Hohenems, Nachlass Carlo Alberto Brunner

Gina Segrè (1867-1948) entstammte einer jüdischen Industriellenfamilie aus Triest. Ihr Bruder Salvatore Segrè engagierte sich schon früh für die irredentistische Bewegung, die die Loslösung Triests vom Habsburgerreich und den Anschluss an Italien forderte, während die wachsende Zahl slowenischer Arbeiter in der Stadt auf die panslawische Bewegung setzten.
Für seine Hilfe für Flüchtlinge, die im Ersten Weltkrieg vor der österreichischen Armee geflohen waren, wurde er 1919 zum Baron geadelt und trug fortan den Namen Segrè-Sartorio. Auch seine Schwester Gina, die 1888 Rodolfo Brunner geheiratet hatte, war leidenschaftliche Anhängerin des Irredentismus (der Bewegung der „Unerlösten“) und stand damit im politischen Gegensatz zu ihrem Ehemann. Rodolfo und Gina Brunner bekamen vier Kinder, ihr älterer Sohn Guido fiel im Ersten Weltkrieg im Kampf gegen Österreich, was dazu führte, dass seine Eltern kaum mehr ein Wort miteinander sprachen. 1937 wurde Gina Brunner zur Präsidentin des Nationalverbandes der Mütter und Witwen der Kriegsopfer ernannt. Das Geschirr, vermutlich von Gina Segrè in die Ehe eingebracht, trägt das alte Familienwappen der Segrès mit dem Spruch „Omnia pro patria libenter“.